Wer streikt, fliegt raus
Klinikkonzern Helios verschärft Tarifkampf und kündigt 1000 Beschäftigten
Der Tarifstreit ist endgültig eskaliert. Mitte Juni hatte sich eine große Mehrheit der rund 5600 Beschäftigten des Klinikkonzern Helios in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern in der Urabstimmung für den unbefristeten Streik entschieden. Dem Aufruf zum Arbeitskampf durch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di folgten Kündigungen von rund 1000 Beschäftigten der ehemaligen Damp-Gruppe, die im März dieses Jahres von Helios übernommen wurde.
Der Grund: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der konzerneigenen Servicegesellschaft ZSG für den »bettenfernen« Bereich - Köche, Reinigungskräfte, Hausmeister - würden die Dienstleistungen nicht mehr erbringen, für die sie beauftragt seien. Darum kündigte Helios ihnen »vorsorglich« zum Juli. Nach Ansicht ver.di und deren Schwestergewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, die gemeinsam den Tarifkampf führen, sind die Kündigungen einzig dazu da, den Streik zu unterlaufen - und zudem rechtswidrig. Der Konzern habe den Betriebsrat nicht zurate gezogen und damit die Mitbestimmungsrechte bei Kündigungen ignoriert. Rund 80 Beschäftigte haben sich nach Informationen des NDR dazu entschieden, vors Arbeitsgericht zu ziehen.
Ver.di-Sprecher Christoph Schmitz sagte gegenüber »nd«: »Von den 1500 Beschäftigten der Service GmbH waren 60 bis 70 am Donnerstag und Freitag im Streik.« Von daher sei es eine Falschbehauptung, dass die ZSG ihren Pflichten nicht nachkomme. Es sei die Strategie, abwechselnd die Standorte zu bestreiken. Überdies werde ein Ausstand 48 Stunden vorher bekannt gegeben, Notfallpläne würden vereinbart. Überdies seien »nachweislich« Betriebsräte bei dem Kündigungsverfahren übergangen worden, die nicht im Ausstand waren.
Die Kündigungen dienen laut den Gewerkschaften auch der Einschüchterung der Beschäftigten. Helios will sie nach der Übernahme der Damp-Gruppe in den konzerneigenen Tarifvertrag eingliedern. Das würde jedoch für einige Beschäftigte Verschlechterungen bedeuten. Die ZSG-Beschäftigten haben dagegen gar keinen Tarifvertrag, und es dürfte nach dem Willen des Konzerns auch so bleiben.
In der parallel laufenden Tarifrunde für die insgesamt 5600 Beschäftigten in Schleswig, Hamburg, Kiel, Stralsund, Ahrenshoop und Damp fordert ver.di 7,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber 200 Euro sowie eine Arbeitsplatzgarantie für die Servicekräfte. Die Verhandlungen in Berlin dauerten zu Redaktionsschluss noch an.
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