Rostocker sprintet in Rouen zum Sieg
André Greipel gewinnt die 4. Etappe der Tour de France
Am zweiten Tag in Frankreich kam endlich auch die Tour de France-Hitze. Die Sonne knallte auf die an diesem Tage vom Wind weitgehend verschont gebliebenen Straßen der Normandie. Vorbei an zahlreichen Soldatenfriedhöfen aus dem 2. Weltkrieg schleppte sich das Peloton der Versehrten - u.a. Tony Martin mit geschienter Hand, Dominik Nerz mit schmerzendem Köchel und abgeschürfter Haut und Marcel Kittel mit revolvierendem Magen. Sei es aus Rücksicht auf die Rekonvaleszenten, sei es, dass die Fahrer die beeindruckende Küstenlandschaft genießen wollten, sei es, dass das Gros sich nach anstrengenden Etappen mit Fast-Klassiker-Charakter etwas erholen wollte - das Peloton legte anfangs ein äußerst gemütliches Tempo vor.
Lediglich drei Fahrer von einheimischen Teams - Europcars Japaner Yukiya Arashiro und die Franzosen David Moncoutie (Cofidis) und Anthony Delaplace (Saur-Sojasun) - hatten Profilierungsabsichten und setzten sich früh ab. Doch nicht einmal Dauerausreißer Michael Morkov mochte sich ihnen anschließen. Der Däne war bei der ersten, der zweiten und der dritten Etappe ausgerissen. Er hatte dabei mehr als 520 Kilometer allein oder in Kleingruppen zurückgelegt und sich dank dieser Anstrengung das gepunktete Trikot des besten Bergfahrers geholt. Der Saxo Bank-Profi konnte aber gut auf einen neuerlichen Ausflug verzichten: Auf der gesamten 4. Etappe wurden weniger Bergpunkte vergeben, als er schon auf seinem Konto hatte.
Immer dann, wenn der Vorsprung der drei Ausreißer bedrohlich in den zweistelligen Minutenbereich zu geraten schien, warfen sich mal ein Lotto-Fahrer, dann wieder Jens Voigt für Radioshack in die Bresche. Dies deutete schon an, dass sowohl Fabian Cancellara sein gelbes Trikot behalten wollte, als auch, dass bei Lotto ganz ernsthaft an einen Etappenerfolg von André Greipel geglaubt wurde. »Es wäre schön, wenn es heute klappt. André ist nah dran an Cavendish. Das hat die zweite Etappe gezeigt. Er hatte sich bei diesem Sprint nichts vorzuwerfen. Und irgendwann muss es einmal für ihn klappen«, sagte Lottos Teamchef Marc Sergeant »nd« am Start in Abbeville. Sergeant hoffte, dass auch Sky mindestens einen Mann für die Verfolgung der Ausreißer einsetzen würde. »Alles andere wäre unsportlich«, meinte er.
Der Zwischensprint gab dann Hinweise auf die Tagesform der Sprinter: Hinter den drei Ausreißern holte Mark Cavendish vor seinen beiden australischen Ex-Anfahrern Matthew Goss (Orica) und Mark Renshaw (Rabobank) sowie dem bereits doppelten Etappensieger Peter Sagan (Slowakei/Liquigas) die Punkte. Von Greipel war nichts zu sehen. Aber der Rostocker will sich auch nicht am Kampf um das grüne Trikot beteiligen. Sein Augenmerk liegt auf den Sprintetappen. Und damit sollte er am Ende auf dieser Etappe richtig liegen.
Der Vorsprung der Verfolger reduzierte sich der zusehends. 25 km vor dem Ziel war zunächst das gelbe Trikot von Fabian Cancellara gesichert. Dort sank der Vorsprung der Ausreißer erstmals unter die 2-Minuten-Marke und damit unter den Rückstand, den der Bestplatzierte der Ausreißer Arashiro auf den Schweizer aufzuweisen hatte. Knapp zehn Kilometer vor dem Ziel schloss das Peloton die Lücke. Die Zeit von André Greipel war gekommen. Mit einem unwiderstehlichen Finish gewann der Rostocker vor Alessandro Petacchi (Italien) und Tom Veelers (Niederlande).
Ergebnisse Tour de France, 4. Etappe:
1. Greipel (Rostock) 5:18,32 h, 2. Petacchi (Italien), Veelers (Niederlande) alle gleiche Zeit.
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