Rechte Truppe will in Kommunalparlamente
Pro Deutschland nimmt Niedersachsen ins Visier
Nun will die rechtspopulistische Vereinigung pro Deutschland auch in Niedersachsen Fuß fassen und hat in Hildesheim einen ersten Kreisverband mit zehn Mitgliedern gegründet. An die Spitze wählte die Versammlung am vergangenen Wochenende den landesweit bekannten Rechten Jörg Böttcher. Der Wirtschaftsberater aus Harsum (Kreis Hildesheim) saß mehrere Jahre lang als Schatzmeister im Vorstand der niedersächsischen Republikaner, auch in deren Kreisvorstand Hannover war er einst aktiv.
Wurzeln in Köln
Pro Deutschland wurde Anfang 2005 als Ableger der islamfeindlichen Bürgerbewegung pro Köln gegründet, die ein Jahr zuvor in den Rat der Domstadt eingezogen war und mit Protesten gegen Moschee-Bauten auch bundesweit für Furore sorgte. Der Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen für 2011 führt pro Deutschland im Kapitel Rechtsextremismus auf. Demnach bestehen Anhaltspunkte für den Verdacht extremistischer Bestrebungen. Pro Köln wird sogar als verfassungsfeindlich eingestuft.
Bundesvorsitzender von pro Deutschland ist der rechte Multi-Funktionär Manfred Rouhs. Er war bei mindestens sieben Kleinparteien oder Organisationen aktiv, darunter bei der NPD und deren Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten, beim Ring Freiheitlicher Studenten, der Deutschen Liga für Volk und Heimat sowie bei den Republikanern.
Der bislang einzige Landesverband von pro Deutschland existiert seit dem Juni 2010 in Berlin. Er erreichte 2011 bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus 1,2 Prozent der Stimmen. Im Wahlkampf demonstrierten pro Deutschland-Leute kurz nach den Terroranschlägen in Norwegen in der Nähe der norwegischen Botschaft. Die Islamfeinde hatten unter dem Motto »Berlin solidarisch mit Oslo« zu einer eigenen Trauerkundgebung aufgerufen, um sich als Law-and-Order-Alternative zu den anderen Parteien anzubieten. Im Sommer 2011 wurden zwei Wahlhelfer - ein Kreisvorsitzender und ein Kandidat - festgenommen, nachdem sie einen Ausländer durch die Straßen gejagt hatten. Ein Polizeioberkommissar in Zivil wurde laut Medienberichten ebenfalls von den Rechtsradikalen attackiert.
In Hildesheim übt sich die rechte Truppe zunächst in bürgerlicher oder gar sozialer Rhetorik. So prangerte Böttcher in seiner ersten längeren Rede unter anderem den schlechten Zustand der Straßen und »Pfusch« auf den Baustellen an. Es würden dort häufig keine Arbeitsschutzbestimmungen eingehalten und die Arbeiter »manchmal zu zehnt in Schlafcontainer gepfercht«. Auch die »soziale Schieflage«, Kinder- und Altersarmut kritisiert Böttcher. Pro Deutschland werde sich in Hildesheim auch für einen Mindestlohn einsetzen, »von dem man vernünftig leben kann«.
Blick auf OB-Wahl
Für die nahe Zukunft setzen sich Böttcher und seine Leute große Ziele. Schon bei der Oberbürgermeisterwahl 2013 in Hildesheim will pro Deutschland anzutreten. Er selbst, sagt der 53-Jährige, werde für den Posten kandidieren, wenn ihn die Kreismitgliederversammlung darum bitte. Eine erfolgreiche Kandidatur könne »die Steilvorlage« für die Europawahl 2014 werden. Und »ein gutes Ergebnis bei der Europawahl wird die Grundlage für ein gutes Ergebnis bei der Kommunalwahl 2016 sein«.
Als »strategisches Ziel« für diese Wahl nennt Böttcher den Einzug in den Stadtrat und Kreistag von Hildesheim sowie in mindestens zwei weitere Kommunalparlamente im Landkreis.
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