Sizilien - verschuldet und zerstritten

Rücktritt von Regierungschef offenbart Desaster

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 2 Min.
In Palermo ist der Ministerpräsident von Sizilien, Raffaele Lombardo, zurückgetreten. Er wurde von den hohen Schulden seiner Region und von einem Prozess überrollt, in dem er angeklagt ist, weil er die Mafia unterstützt haben soll.

Raffaele Lombardo war über vier Jahre Ministerpräsident der Region Sizilien - und das mit ständig wechselnden Mehrheiten. Zuletzt leitete der Politiker eine Regierung mit parteilosen Ministern, die von den Zentrumsparteien und von einem Teil der Demokraten unterstützt wurde.

Gegen »Don Raffaele«, wie er allgemein genannt wird, wurde vor zwei Jahren Anklage erhoben, weil er laut Staatsanwaltschaft die Mafia begünstigt haben und als »Gegenleistung« bei seiner Wahl tatkräftige »Unterstützung« erhalten haben soll. In der Tat erhielt er bei den vergangenen Wahlen fast 70 Prozent der Stimmen, was in einer Region wie Sizilien durchaus ein Grund für Misstrauen ist. Gestolpert ist er allerdings weniger über seine Prozesse (es gibt auf der Insel kaum einen rechten oder Zentrumspolitiker, der keine Probleme mit der Justiz hat) als vielmehr über die desaströse finanzielle Situation Siziliens, das eine weitgehende Autonomie von der Zentralregierung genießt.

Im vergangenen Jahr betrugen die Ausgaben fast 20 Milliarden Euro, während die Schulden bei mehr als sieben Milliarden liegen. Direkt beschäftigt die Region über 20 000 Menschen und ist so mit Abstand der größte Arbeitgeber. Wie viele Personen indirekt von den Gehältern dieser Beschäftigten abhängig sind, lässt sich nur schwer schätzen: Zum einen gibt es eine Unzahl hoch dotierter Beraterverträge und zum anderen beschäftigt zum Beispiel allein die regionale Forstpolizei 24 000 Personen. Die Finanzlage Siziliens ist so prekär, dass die Bonität der Region von den Ratingagenturen stark herabgestuft wurde und auch Italiens Ministerpräsident Mario Monti drastische Sparmaßnahmen gefordert hat. Bisher hat sich Raffaele Lombardo dazu allerdings nicht durchringen können: Noch am letzten Tag seiner Amtszeit stellte er 130 neue Personen ein.

Trotzdem weist Lombardo alle Anschuldigungen zurück. Die Anklage wegen Begünstigung der Mafia sei von den Medien lanciert und aufgebauscht worden, und auch die hohe Verschuldung sei eine Erfindung von Menschen und Institutionen, die ihm und Sizilien Böses wollen.

Für Sizilien beginnt jetzt eine der unsichersten Wahlkampagnen der vergangenen Jahrzehnte. Die rechten und Zentrumsparteien sind untereinander hoffnungslos zerstritten und Berlusconis Kreation »Volk der Freiheit« hat sich sogar aufgelöst. Aber auch im linken Lager zeichnet sich noch keine mehrheitsfähige Koalition ab, da auch hier die Parteien untereinander und zudem in ihrem Inneren streiten. Eine Hoffnungsträgerin könnte Rita Borsellino sein, die Schwester des vor 20 Jahren ermordeten Richters und Mafiajägers, wenn es ihr gelingen sollte, die progressiven Kräfte der Insel zu einen. Gewählt wird voraussichtlich Ende Oktober.

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