Mars mit Mobil
Erfolgreiche Landung nach sieben Minuten »Terror«
Montagfrüh kurz nach 7.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit meldete die US-Raumfahrtbehörde NASA Vollzug: Die Marssonde »Curiosity« ist nach einem mehr als acht Monate dauernden 567 Millionen Kilometer langen Flug auf dem rostroten Planeten gelandet. Jubel im Kontrollzentrum, Beifall - Erlösung. Die versammelten NASA-Mitarbeiter machten sich nach »sieben Minuten Terror« Luft.
Genau so lange dauerte der schwierigste Teil der Mission. Sieben Minuten brauchte die Rover-Transport-Sonde vom Eintritt in die Mars-Atmosphäre bis zum Abstellen der wertvollen Fracht. Dabei musste die Geschwindigkeit von mehreren tausend Stundenkilometern auf Null gebremst werden. Dafür waren ein gewaltiger Fallschirm sowie mehrere Bremstriebwerke verantwortlich. Das Fahrzeug wurde zum exakt richtigen Zeitpunkt mit Seilen herabgelassen. Diese fantastisch anmutende Technologie hatte man zwar schon in der Computersimulation sehen, doch real noch nie testen können. Doch es ging alles gut, die Sonde meldete sich, bald darauf kamen die schemenhaften ersten Bilder einer Fischaugenkamera, der im Verlaufe der kommenden zwei Jahre hoffentlich noch viele andere, dann hochaufgelöste Ansichten von der Marsoberfläche folgen werden.
Präsident Barack Obama hatte seine Finger offenbar schon an der Sendetaste seines Handys, denn die Twitter-Nachricht kam sofort: »Ich gratuliere allen Männern und Frauen, die diese bemerkenswerte Leistung Wirklichkeit werden ließen.« Dann, in einer längeren schriftlichen Pressemitteilung, wurde der Präsident politisch im Stile einer Weltmacht: »Diese Nacht erinnert uns daran, dass unsere Vormachtstellung auf der Erde und im Weltraum davon abhängt, dass wir in Technologie investieren.«
Vormachtstellung? Warum, wofür?
Der Flug und vor allem die erfolgreiche Landung von »Curiosity« sind Balsam für die Seele vieler von immer neuen Budgetkürzungen betroffenen NASA-Experten. Denn nach dem vorläufigen Ende eigener bemannter Starts mangels Raumfähren verspürt die Raumfahrtnation Nummer 1 ein Absinken ihres Selbstwertgefühls.
Forscher hoffen, dass der fahrende Roboter auf irgendeine Form von Wasser stößt. Deshalb hat man »Curiosity« in einen Krater gesteuert - in der Hoffnung, dort am ehesten eine »Pfütze« zu finden. Das Mobil auf sechs Rädern in der Größe eines Kleinwagens hat profanes Handwerkszeug an Bord: einen zwei Meter langen Roboterarm, Schaufel, Bohrer und Bürsten, eine Wetterstation und natürlich Kameras.
Nun gut, so etwas hatten auch andere von der Erde ausgeschickte stationäre wie mobile Marsbesucher. Aber: Die Extras des aktuellen Marsautos haben es in sich. Die Radionuklidbatterie liefert Energie in Ewigkeit, die Analysemöglichkeiten sind geradezu fantastisch. »Curiosity« hat für den Rundumblick zwei 3D-Kameras an Bord, eine, die sogenannte »ChemCam«, ist mit einem starken Laser und einem Teleskop gekoppelt. Die richtet man mit irdischer Neugier auf Objekte am Marsboden, der Laser lässt am Stein eine Plasmawolke entstehen, das Teleskop empfängt das ausgesendete Licht zur Analyse.
Zudem will die NASA im Inneren des Laborfahrzeugs pulverförmige Proben röntgen, um die exakte Zusammensetzung zu bestimmen. Stoffe wie Methan, Wasser und andere können per Massenspektrometer bestimmt werden. In einem Miniofen erhitzt man Proben, um aus den verdampfenden Inhaltsstoffen weitere Erkenntnisse zu gewinnen.
Ein »Radiation Assessment Detector« soll die Teilchenstrahlung auf dem Planeten analysieren. Zum Einsatz kommen wird dabei Technik aus Kiel. Die soll helfen, den Strahlenhintergrund auf dem Mars zu messen. Das ist nicht ganz unbedeutet, wenn dereinst Menschen auf den Planeten fliegen sollen. Das hat der US-Präsident in Aussicht gestellt und will es selbst noch erleben. Erst wenn Astronauten wirklich gelandet sind, wird man mit Fug und Recht vermelden können: Es gibt Leben auf dem Mars.
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