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Söder raus aus der EU?

Carsten Sinß ist Betriebswirt und Vorsitzender der Jusos Hessen-Süd

  • Lesedauer: 3 Min.

nd: Sie fordern den Austritt des bayrischen Finanzministers Markus Söder (CSU) aus der EU. Wie soll das aussehen? Abschiebung oder doch Austritt Bayerns anstatt Griechenlands?
Sinß: Das ist natürlich eine Reaktion auf die recht provokanten Äußerungen von Herrn Söder, dass Griechenland bis Jahresende aus der EU geworfen werden soll. Wir fordern weder die Abschiebung von einer Person noch den Austritt eines Staates aus der Europäischen Union. Wir wollten aber darauf aufmerksam machen, dass wir solche Forderungen absurd finden. Angefangen schon bei der Umsetzung. Aber sie leisten vor allem überhaupt keinen Beitrag, wie man der Eurokrise wieder Herr werden kann.

Warum nicht Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler? Er forderte im Grunde dasselbe.
Richtig. Man könnte auch Brüderle nennen oder weitere an der Stelle. Söder war jetzt eben das i-Tüpfelchen. Seine Äußerungen waren für uns Jusos noch mal wesentlich populistischer. Und mit seinem Bierzelt-Wortlaut hat sich Söder einer Sprache bedient, die um eine ganze Ecke härter ist. Er hat gesagt, man solle an Griechenland ein Exempel statuieren. Rösler hingegen hat es mehr als zwangsläufige Folge hingestellt.

Warum, denken Sie, fordert Markus Söder gerade jetzt den Austritt Griechenlands aus der EU?
Wir haben das Sommerloch und in Bayern steht ein Wahlkampf an. Söder ist nicht der einzige aus der CSU, der versucht, sich mit populistischen Äußerungen über die Eurokrise ein Stück weit von der schwarz-gelben Bundesregierung abzugrenzen und sich so zu profilieren. Die CSU hofft, dass sie daraus Profit schlagen und nach der Landtagswahl im nächsten Jahr die Mehrheit halten kann.

Ist die CSU damit erfolgreich?
Bis jetzt ja scheinbar nicht. Wenn man sich die aktuellen Umfragewerte anschaut, ist es nicht so, dass sich die CSU substanziell verbessert hat. Ich glaube eher, das Gegenteil wird der Fall sein. Die Bürger haben weitestgehend schon bemerkt, dass die Äußerungen Söders und anderer einzig Profilierungsversuche und damit Bärendienste sind.

Wie löst man die Eurokrise?
Den richtigen Weg habe ich wie viele andere bis jetzt leider auch nicht. Aber Sigmar Gabriel hat jetzt einen interessanten Aufschlag gemacht. Wenn man Europa will, bedeutet das eben auch Verantwortung. Da darf nicht versucht werden, sich auf Kosten von Schwächeren gesund zu sparen oder zu profilieren. Und es ist mitnichten so, dass sich die Griechen nicht redlich bemühen. Wenn in Deutschland derartige Sparanstrengungen in dieser Größenordnung innerhalb kürzester Zeit vollzogen werden würden, dann hätten wir hier wahrscheinlich ganz andere Verhältnisse.

Hat die Eurokrise für Jugendliche eine besondere Dimension?
Ja. In manchen Regionen Europas herrscht eine 50-prozentige Jugendarbeitslosigkeit. Das sind unvorstellbare Zahlen. Für mich als Vertreter einer politischen Jugendorganisation ist es ganz entscheidend, dass man jungen Menschen dort eine Perspektive aufzeigt. Da müssen Förder- und Arbeitsmarktprogramme geschaffen werden. Solche Probleme muss man konzeptionell angehen und nicht mit bloßer Rhetorik.

Fragen: Simon Poelchau

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