Vereint gegen Berlin

Schwarz-rot regierte Länder gegen Senkung des Rentenbeitrags

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Im Streit um die Rente gehen die Bundesländer auf Konfrontationskurs zu Berlin. Selbst Länder mit Regierungsbeteiligung der CDU stellen sich gegen die geplante Absenkung der Rentenbeiträge.

Langsam wird es unübersichtlich: Während die Koalition in Berlin noch über Konzepte gegen Altersarmut streitet, kommt aus den Ländern geballter Protest gegen die Pläne von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die Rentenbeiträge im kommenden Jahr von 19,6 auf 19 Prozent abzusenken. Dabei verwischen die parteipolitischen Grenzen. Selbst CDU-Minister distanzieren sich von ihrer Parteikollegin. Der Sozialminister des Saarlands, Andreas Storm (CDU), sagte der »Welt« vom Donnerstag, dass es vollkommen falsch sei, jetzt die Rücklagen der Rentenkasse zu leeren, zumal die Ministerin ein Reformpaket auf den Weg bringen wolle, mit dem erhebliche neue Lasten auf die Rentenversicherung zukämen.

Zudem machte Storm klar, dass es in dieser Frage unter den Ländern einen »engen Schulterschluss der fünf großen Koalitionen« gebe. Die SPD-geführten Länder sind ohnehin gegen die Beitragssenkung, ebenso wie die rot-grüne Regierung von Baden-Württemberg. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles macht gegenüber der »Welt« die Position der Sozialdemokraten deutlich: »Die Rentenbeiträge zu senken ist ein ungedeckter Scheck.« Somit sind zwölf der 16 Bundesländer gegen die Absenkung. Zwar ist Rentenpolitik Sache des Bundes, doch wenn die Länderkammer Einspruch einlegt, muss die Kanzlermehrheit her. Ein unsicheres Unterfangen, zumal das Projekt in der Unionsfraktion nicht nur Freunde hat.

Der Widerstand aus den Ländern kommt für die gestresste Ministerin zur Unzeit. Erst in der vergangenen Woche hatte von der Leyen einen Referentenentwurf vorgelegt, der die Beitragssenkung an ihr umstrittenes Rentenkonzept gegen Altersarmut knüpfte. Insbesondere um die Zuschussrente für Niedriglöhner gibt es koalitionsinternen Streit. Mit ihr sollen kleine Renten auf bis zu 850 Euro im Monat aufgestockt werden, damit die Bezieher nicht auf die Grundsicherung angewiesen sind. Die FDP lehnt das Konzept ab und ließ sich auch nicht mit der Beitragssenkung ködern. Auf Druck der Liberalen musste von der Leyen am Dienstag zurückrudern, und die Zuschussrente von Beiträgen abkoppeln.

Wie die »Rheinische Post« am Mittwoch berichtete, machen die Arbeitgeber nun ebenfalls Druck. Das Blatt zitiert aus einem internen Schreiben der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, wonach es Spielraum für eine Senkung auf bis zu 18,9 Prozent gebe. Das Interesse der Unternehmer ist klar: Da sie die Hälfte der Rentenbeiträge ihrer Angestellten übernehmen müssen, wollen sie diese möglichst drücken.

Von der Leyen wiederum kann sich auf geltendes Recht berufen. Aufgrund der guten Konjunktur wird die Rentenversicherung in diesem Jahr einen Überschuss erzielen. Dadurch steigt die so genannte Nachhaltigkeitsrücklage zum Jahresende über das 1,5-fache der durchschnittlichen Monatsausgaben. Wenn die Rücklage aber darüber hinaus zulegt, muss der Beitragssatz »verändert« werden. So will es das Sozialgesetzbuch. Dabei zeigt ein Blick auf die Zahlen, dass dafür eigentlich kein Spielraum ist. Während die Rentenkasse im Jahre 2010 etwa 184 Milliarden Euro durch Beiträge einnahm, zahlte sie 224 Milliarden Euro aus. Das Defizit wird vom Bund ausgeglichen. Insgesamt pumpte Berlin im letzten Jahr mehr als 80 Milliarden Euro ins Rentensystem.

Währenddessen setzte auch noch Ex-Superminister und Ex-SPD-Genosse Wolfgang Clement seine Duftmarke. In der »Welt« forderte er ein Ende der gesetzlichen Lebensarbeitszeitbegrenzung. Wer wolle, solle bis zum 75. oder 80. Lebensjahr arbeiten, so Clement.

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