Ohne Arme und Beine durch die Ozeane
Philippe Croizon verband schwimmend alle Kontinente
Begeistert schieben ihn seine Kinder im Rollstuhl an den Strand. Ein paar Dehnübungen im Neoprenanzug, danach trägt ihn sein Begleiter ins eiskalte Wasser. Mit Taucherbrille, Schnorchel und speziellen Prothesen ist der arm- und beinamputierte Philippe Croizon dann endlich in seinem Element. Trotz des Handicaps hat der Franzose auch die letzte Etappe seines unglaublichen Plans beendet und die fünf Kontinente schwimmend verbunden.
»Das Wasser hatte eine Temperatur von vier Grad, dazu kamen die starken Strömungen - das war die härteste Schwimmstrecke meines Lebens«, sagte Croizon völlig erschöpft, aber glücklich. Wenn der 44-Jährige von einem »Ausflug« in solchen Superlativen spricht, hat das etwas zu bedeuten. Denn der fast immer lachende Familienvater hatte in den vergangenen vier Monaten einige extreme Ausflüge unternommen.
Der letzte begann am Samstag, als Croizon mit seinem neun Jahre jüngeren Begleiter Arnaud Chassery von Amerika nach Asien schwamm. Von der zu den USA gehörenden Kleinen Diomedes-Insel führte ihn sein vier Kilometer weiter Weg zur russischen Insel Ratmanow. »Geschafft«, sagte Croizon noch im Wasser der gefährlichen Beringstraße. Neben Temperaturen um den Gefrierpunkt und den wechselnden Strömungen konnten ihn auch Quallen und Haie nicht von seinem Ziel abbringen. »Meine Nachricht lautet: Alles ist möglich, wenn man den Willen hat, über sich hinauszuwachsen«, teilte Croizon mit.
Zuvor war er mehrmals über sich hinausgewachsen, war unter anderem von Spanien nach Marokko geschwommen. Die Straße von Gibraltar (knapp 20 Kilometer Schwimmstrecke) hatte aber nur eine kleinere Hürde dargestellt. Deutlich mehr Kraft hatte Croizon die zweite Etappe gekostet, als er bei sengender Hitze zwischen Ägypten und Jordanien das Rote Meer durchquert (17 Kilometer) und der Welt erneut bewiesen hatte, »dass es keinen Unterschied zwischen behinderten und normalen Schwimmern gibt«.
Den 17 Kilometer langen »Prolog« hatte der Franzose im Mai dieses Jahres zwischen Papua-Neuguinea und Indonesien zurückgelegt. Es war der Aufbruch in ein Vorhaben, das seinen Ursprung in einem schweren Schicksalsschlag 1994 auf dem Dach seines Hauses gehabt hatte. Croizon plante mit seiner damals schwangeren Frau und seinem ersten Sohn einen Umzug. Das Appartment war für die bald vierköpfige Familie zu klein geworden. Die Fernsehantenne auf dem Dach war jedoch teuer, deshalb wollte Croizon sie ins neue Heim mitnehmen. Doch er bekam auf der Metallleiter einen normalerweise tödlichen Stromschlag von 20 000 Volt. Die Ärzte kämpften vergeblich um den Erhalt der Gliedmaßen des Franzosen.
Nach 100 Stunden Narkose und Operationen wachte Croizon auf, und stellte sich verzweifelt die Frage: Aufgeben oder weiterleben? Mittlerweile hat er mit Hilfe eines Sprachcomputers sogar ein Buch geschrieben: »J'ai décidé de vivre« - »Ich habe mich entschieden zu leben«.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.