Veolia auf dem Rückzugsgleis?

Eisenbahner protestieren vor Pariser Konzernzentrale für ihre Arbeitsplätze

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Beschäftigte der deutschen Ableger des Veolia-Konzerns fürchten einen Verkauf der Verkehrssparte.

Aus Sorge um ihre Jobs protestierten am Donnerstag über 150 deutsche Beschäftigte des privaten Eisenbahnunternehmens Veolia vor der Zentrale in der französischen Hauptstadt Paris. Sie folgten einem Aufruf der DGB-Bahngewerkschaft EVG. Belegschaftsvertreter übergaben der Geschäftsleitung eine Petition mit der Forderung, klare Positionen zur Zukunft des Unternehmens zu beziehen.

Die Beschäftigten sind alarmiert durch Meldungen über einen bevorstehenden Verkauf von Veolia Verkehr. Ende 2011 hatte die Konzernspitze die Trennung von der Verkehrssparte angekündigt und erklärt, man wolle sich auf die Bereiche Wasser, Energie und Entsorgung konzentrieren. Zudem wurde jüngst bekannt, dass sich die in Mecklenburg-Vorpommern agierende Veolia-Tochter Ostseeland Verkehr GmbH (OLA) auf Anordnung der Pariser Zentrale nicht mehr an der Ausschreibung um den regionalen Schienenpersonennahverkehr (SPNV) beteiligen darf. Dies gilt auch für Strecken, die die OLA derzeit bedient, und kommt somit einem schrittweisen Rückzug aus dem Nordosten gleich. Im Juni hatte die Konzernspitze bereits die laufende Bewerbung für die Strecke Bützow-Ueckermünde zurückgezogen.

Derzeit hat die OLA rund 180 Beschäftigte und bedient auch die Strecken Rostock-Güstrow, Stralsund-Neustrelitz sowie Rehna-Parchim. Die EVG spricht vom »Verrat der Unternehmensleitung an der eigenen Geschäftspolitik« und weist darauf hin, dass Veolia noch vor wenigen Monaten erklärt habe, man plane keine Änderungen am Geschäftsmodell.

Derzeit laufen dem Vernehmen nach Verkaufsverhandlungen. Offenbar wolle der Veolia-Konzern einem potenziellen Käufer »möglichst schöne Bilanzen« vorlegen, argwöhnt die EVG. Denn ein möglicher Gewinn der Ausschreibung für Bützow-Ueckermünde hätte Investitionen, etwa die Anschaffung von Rollmaterial, erfordert, die in der Bilanz kurzfristig als Ausgaben aufgetaucht wären, so die Gewerkschaft: »Dies ist ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten, denn sie haben jahrelang gute Arbeit geleistet und empfinden diese jetzt als entwertet.«

Veolia hat sich in den 1990ern in Deutschland vor allem bei der lukrativen Privatisierung kommunaler Einrichtungen der Daseinsvorsorge hervorgetan und damit eine starke Marktposition aufgebaut. Der Konzern übernahm lokale und regionale Busgesellschaften und beteiligte sich an Ausschreibungen im SPNV. In der Veolia-Verkehrssparte sind bundesweit rund 4500 Menschen beschäftigt - der Konzern gilt damit als größtes privates Bahn- und Busunternehmen hierzulande. Die ehemals unter dem Namen Connex laufende Firma verdrängte seit den 1990ern auf 19 Strecken mit über 1600 Schienenkilometern zunehmend die Deutsche-Bahn-Tochter DB Regio vom Gleis.

Veolia galt in Gewerkschaftskreisen jahrelang als eine der »besseren« bundesdeutschen Privatbahnen mit »vorbildlichen Lohn- und Sozialstandards« und einer gewissenhaften »Anwendung von Arbeitsschutz- und Arbeitszeitbestimmungen«. Die jüngsten Entwicklungen zeigen aber wieder einmal, dass für Konzerne letztlich allein Rendite und nicht Sicherung der Daseinsvorsorge oder Verantwortung für die Beschäftigten zählt.

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