Ecken am Runden Tisch

  • Monika Knoche
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn am kommenden Montag Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) die Ärzteschaft, die Krankenkassen und die Krankenhausgesellschaft an den Runden Tisch bittet, sollen Konsequenzen aus dem Skandal um die Zuteilung menschlicher Organe gezogen werden. Seit vor Wochen offiziell wurde, was die Bundesärztekammer schon lange wusste, dass in einige Kliniken Patientendaten manipuliert wurden, um einzelne Organempfänger zu bevorzugen, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung. Ein schwerwiegender Vorwurf. Trifft es zu, dass transplantationsbedürftige Patienten in der Warteliste zurückgestuft wurden, um anderen mehr Lebenszeit und -qualität zu geben, dann ist mehr als der hypokratische Eid verletzt.

Die Organverpflanzung ist ein Sonderfall der Medizin und wird es ihrem Wesen nach auch bleiben. Der Gesetzgeber muss sich um besondere Sorgfalt bemühen. Es gibt hier weder eine Bedarfsbefriedigung, noch gibt es eine effiziente Möglichkeit, die Anzahl explantationsgeeigneter Sterbender zu erhöhen. Der Mangel ist immanent, die Zuteilungsgerechtigkeit schier unmöglich. Organtransplantation kann keine Regelversorgung sein und kann es auch nicht werden, dennoch hat der Gesetzgeber zugelassen und indirekt gefördert, dass immer mehr Transplantationszentren entstanden und die Wartelisten immer länger wurden. Das zeigt aber auch, dass man es nicht der Selbstverwaltung im Gesundheitssystem überlassen kann, die Dinge in Ordnung zu bringen. Alle Sachverständigen, die am Runden Tisch sitzen werden, sind in die Sache involviert. Auf den Tisch muss vor allem eines: die Finanzierung, der Wettbewerb und die Konkurrenz im stationären Sektor. Seit die rot-grüne Bundesregierung die Fallpauschalenfinanzierung im Krankenhaus eingeführt hat, ist jedes Haus bemüht, möglichst gewinnbringende lukrative Krankheitsfälle zu bekommen. Die Krankenhäuser bieten Chefärzten Zielvereinbarungen, Mengenausweitungen an und legen Zusatzgratifikationen oben drauf. An diesen Fehlentwicklungen ist maßgeblich die Politik schuld. Da kann man nicht ernsthaft erwarten, dass ausgerechnet jene Sachverständigen, die in diese Sache involviert und mit eigenen Interessen versehen sind, problemlösende Vorschläge unterbreiten.

Nein, die Konsequenz muss sein, dass der Gesetzgeber sich dem Problem stellt. Es muss die Zahl der Spezialkliniken begrenzt und der Bundesrat und die Gesundheitsministerkonferenz befasst werden. Organentnahme und -verpflanzung dürfen keinerlei finanziellen Anreizen unterliegen, sie müssen vollkommen aus der gewinnorientierten Kalkulation herausgehalten werden. Es muss über die Begrenztheit der Transplantationsmedizin aufgeklärt werden, und die Zuteilung gespendeter Organe muss höchsten medizinethischen Kriterien unterliegen.

Aber es muss auch die Frage gestellt werden, wer überhaupt auf die Warteliste kommen kann. Es ist also nicht damit getan, auf die Vorschläge des Gesundheitsministers zu warten, es ist Sache des Parlaments, sich des Problems anzunehmen. Aber von dort ist leider so gar nichts zu hören. Gerade die LINKE sollte nicht nur den bio- und medizinethischen Menschenrechtsdiskurs weiterführen, sie sollte auch gegen die Ursachen und Auswüchse der Ökonomisierung des Gesundheitswesens vorgehen.

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