DDR-Geologen bestätigt

Rohstoffkonzern findet viel Zinn in Sachsen

  • Hendrik Lasch, Chemnitz
  • Lesedauer: 3 Min.
Probebohrungen der Deutschen Rohstoff AG deuten auf große Zinnvorkommen in Erzgebirge und Vogtland. Sie bestätigen Untersuchungen aus der DDR. Bis zum Beginn des Abbaus vergehen mindestens noch fünf Jahre.

»Sn Tah 4/77« lautet die Bezeichnung eines Lochs, das vor 35 Jahren im vogtländischen Gottesberg in den Berg gebohrt wurde. Es bewies, das enorme Mengen Zinn in der Erde ruhen: Von 121 000 Tonnen ging man aus. Direkt daneben hat jetzt die Deutsche Rohstoff AG erneut gebohrt und herausgefunden, dass die DDR-Erzsucher gut gearbeitet haben: Die Heidelberger Firma geht von 115 000 Tonnen Zinn aus, das in einer Konzentration von 0,27 Prozent im Erz vorkommt. »Eine Weltklasse-Lagerstätte«, sagt Geologe Jörg Reichert. Ob sie und ein weiteres, auf 44 000 Tonnen geschätztes Vorkommen in Geyer im Erzgebirge ausgebeutet werden, sollen weitere Bohrungen und eine danach erstellte Machbarkeitsstudie zeigen.

Es ist nicht Misstrauen, was die Heidelberger Fachleute die DDR-Daten überprüfen lässt. Vielmehr müssten Lagerstätten, deren Erkundung länger zurückliegt, nach aktuellen Standards neu bewertet werden, sagt Thomas Gutschlag, Geschäftsführer der 2006 gegründeten Deutschen Rohstoff AG. Diese sondiert derzeit neben anderen Unternehmen an mehreren Stellen in Sachsen, ob sich ein Abbau von Lagerstätten lohnen würde.

Zinn wurde einst in Altenberg gefördert; Gottesberg wäre wohl danach in Betrieb gegangen. Als in Altenberg aber 1991 die Förderung eingestellt wurde, waren die Rohstoffpreise im Keller. Nun kostet die Tonne Zinn, das zum Löten sowie als Beschichtung für Dosenblech verwendet wird, 20 000 Dollar. Der Weltbedarf, von 200 000 Tonnen 1989 auf 400 000 Tonnen pro Jahr gestiegen, wird meist aus Gruben in China und Indonesien gedeckt. Vor allem China hält aber zunehmend die Hand über selbst geförderte Rohstoffe. Die EU stuft Zinn als eines von 14 »kritischen Metallen« ein, die für die Wirtschaft essenziell sind.

All das sind recht gute Nachrichten für Vogtland und Erzgebirge, wo seit etwa 2007 ein neues »Berggeschrey« beschworen wird, eine Entwicklung wie vor 800 Jahren, als in der Region Silber entdeckt wurde und ein starker wirtschaftlicher Aufschwung begann. Das jetzige »Geschrey« hallt nicht ganz so laut, manchmal verhallt es auch wieder: Fünf Erkundungslizenzen wurden bereits zurückgegeben, weil sich Hoffnungen nicht erfüllten. 17 Erkundungen laufen aber, sagt Sachsens Oberbergamt - und nicht nur im Erzgebirge: Vorige Woche wurde eine Genehmigung zur Erzsuche bei Nossen erteilt. In der Lausitz soll Kupfer abgebaut werden, bei Delitzsch und in Callenberg bei Chemnitz werden seltene Erden gesucht.

Wie es in Gottesberg und Geyer weitergeht, entscheidet zunächst der für Herbst 2012 geplante Börsengang einer für die Zinnförderung eigens gegründeten Tochter der Deutschen Rohstoff AG. Mit dem eingenommenen Geld sollen weitere Erkundungen finanziert werden. Frühestens in fünf Jahren könne an einem der beiden Standorte die Förderung beginnen, sagt Gutschlag. In der Region ist man elektrisiert: Von der »großen Hoffnung, dass sich wirtschaftlich was tut« spricht Geyers Bürgermeister Harald Wendler - und setzt natürlich auf viele Arbeitsplätze.

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