Arm ist anders
Ärztehonorare variieren nach Fachrichtung und Standort
In der aktuellen Debatte um die Honorare für die 130 000 niedergelassenen Ärzte geht es nur um den Teil ihres Einkommens, der von den Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) erstattet wird. Hinzu kommen noch die Einnahmen für die Privatpatienten sowie aus dem Verkauf der sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGel), ein Markt, der für 2010 auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt wurde.
Die Honorarhöhe seitens der GKV ist von vielen Faktoren abhängig. Das »Regelleistungsvolumen« (RLV) bildet den größten Posten, es resultiert aus der Patientenzahl im vorherigen Quartal, einem Faktor für das Patienten-Durchschnittsalter in der Region und einem »Fallwert«. Bei diesem wird jeder Leistung eine Punktzahl zugeordnet - darüber streiten sich jetzt Ärzte und Kassen. Dieser Orientierungswert sollte nach Maßgabe der Kassen um sieben Prozent gesenkt werden, was 2,2 Milliarden Euro entspricht. Seit drei Jahren werden die kassenärztlichen Leistungen mit 3,5048 Cent je Punkt vergütet, in Zukunft sollen es nur noch 3,2537 Cent sein, da die Praxiskosten je Leistung durch bessere Auslastung gesunken seien. Nach der Schlichtung blieb zunächst statt der Milliarden-Einsparung für die Kassen ein kleines Honorarplus für die Ärzte von insgesamt 270 Millionen Euro (0,9 Prozent). Das ist den Medizinern aber zu wenig.
Zum RLV addieren sich je nach Qualifikation und Behandlungsaufwand Zuschläge, etwa für Hausbesuche. Behandelt der Arzt deutlich mehr Patienten als im RLV vorgesehen, muss er mit Honorarkürzungen bis zu 75 Prozent rechnen. Außerhalb dieses Volumens vergütet werden zum Beispiel Strahlentherapien oder künstliche Befruchtungen, unbegrenzt erstattet Vorsorgeuntersuchungen, von denen besonders Frauenärzte profitieren. Das Vergütungssystem ist kompliziert und auch für die Ärzte nicht vollkommen kalkulierbar.
Hier deutet sich schon an, dass am Ende sehr unterschiedliche Einkommen stehen, abhängig auch von den Fachrichtungen. Außerdem wird je nach Interessenlage mit unterschiedlichen Zahlen operiert: Die Kassen geben einen jährlichen Überschuss je Arzt im Schnitt von 165 000 Euro an. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), der Verhandlungspartner der GKV, nennt andererseits Spitzenwerte wie den Honorarumsatz von Laborärzten mit 230 000 Euro pro Quartal - hier müssen noch Betriebsausgaben, Steuern und Versicherungen abgezogen werden. Für die Orthopäden lag dieser Quartalswert im ersten Halbjahr 2011 bei 56 000 Euro, bei den Hausärzten bei 52 000 Euro - auch dies sind aber nur Durchschnittswerte.
Unter dem Strich bleiben monatliche Nettoeinkommen, die laut KBV bei 5442 Euro liegen. Die Spanne reicht hier wieder vom Allgemeinmediziner mit 5018 Euro bis zum Orthopäden mit 6344 Euro. Regionale Unterschiede kommen hinzu. Ärzte in den neuen Bundesländern konnten in den letzten Jahren aufholen. Ein Bericht des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) Hamburg hat die Reinerträge der Praxen, also alle Einkünfte abzüglich der Praxiskosten, von Facharztgruppen verglichen. Sehr weit über dem Durchschnitt von 104 158 Euro pro Jahr liegen dort die Radiologen mit 185 827 Euro, die damit auch bundesweit die Spitze darstellen, stark abgefallen dabei ihre Kollegen in Berlin mit 100 000 Euro.
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