Wer weiß, was noch kommt
U 20-Torschützenkönigin Lena Lotzen zu den Aussichten vor dem WM-Finale gegen USA
Lena Lotzen, wie viele Worte Japanisch haben Sie schon während der laufenden U-20-Weltmeisterschaft im Fernen Osten gelernt?
Lotzen: Noch nicht so viele außer »Hai«, was Ja heißt. Oder »Konnichiwa«, was Hallo bedeutet. Es ist wirklich schwer, mit den Menschen sich hier zu verständigen. Wenn wir freie Nachmittage haben, finde ich es interessant, in die Stadt zu gehen oder die Lebensweise hier kennenzulernen. Es fällt mir auf, wie freundlich und höflich die Japaner sind. Überall wird uns sofort geholfen.
In den japanischen Stadien scheinen Sie ja gar keine Hilfe mehr zu benötigen: Die deutsche U 20 erweckte bislang bei der WM mitunter den Eindruck, als spiele eine erfahrene Frauen-Nationalmannschaft gegen überforderte Nachwuchsteams. Warum wirken Sie alle schon so abgeklärt?
Wir stehen sehr kompakt und jeder läuft für den anderen. Natürlich kombinieren wir auch gut zusammen, weil jeder seine Aufgabe kennt. Der Schlüssel aber ist die Teamleistung: Es ist ja nicht so, dass zwei Mädels hier den ganzen Laden schmeißen würden.
Sie ragen als Torschützenkönigin mit sechs Treffern heraus. Beim FC Bayern spielen Sie hinter der US-Amerikanerin Sarah Hagen hängende Spitze, im Nationalteam…
…ist es umgekehrt, weil Dzsenifer Marozsan hinter mir rumwirbelt, sie gibt den Takt an. Warum das zwischen uns so gut klappt? Wir verstehen uns auch neben dem Platz gut.
Sie haben schon mit 16 Jahren in der Bundesliga debütiert, erleben Sie gerade die schönste Zeit ihrer Karriere?
Schwer zu sagen, weil ich ja nicht weiß, was noch kommt. Aber in dieser Altersklasse geht es nicht viel weiter, als Weltmeister zu werden.
Welche Rolle spielt es, dass Sie bis zum Alter von 16 Jahren bei ihrem Verein TG Höchberg nur mit Jungs zusammengespielt haben?
Als ich fünf Jahre alt war, haben mich meine Kumpels mit zum Fußball genommen. Höchberg hatte keine Mädchenmannschaft und mir hat das vom Athletischen mit den Jungs mehr gebracht und außerdem immer Spaß gemacht. Mit den meisten bin ich noch heute befreundet.
Sie waren beim DFB-Stützpunkttraining das einzige Mädchen unter 117 Jungen. Da durften Sie nicht zurückziehen, oder?
Ich habe durchgezogen, die haben durchgezogen - kein Problem (lacht). Dann haben die manchmal hinterher erst gemerkt, oh, da hat ein Mädchen mitgespielt.
Dann sind Sie mit 16 Jahren zum FC Bayern gewechselt und haben angeblich große Augen gemacht, als Sie die großen Bundesliga-Stars gesehen haben.
Das stimmt. Wir trainieren teilweise an der Säbener Straße und essen dort auch zu Mittag. Dann sieht man den einen oder anderen wie Arjen Robben oder Franck Ribéry und grüßt sie - die grüßen dann auch freundlich zurück. Aber mehr Kontakt ist eigentlich nicht, ins Gespräch kommen wir eher nicht mit denen. Gerd Müller hat mir mal die Tür aufgemacht. Angesprochen hab ich ihn aber nicht.
Derzeit halten Sie mit den meisten Freunden wahrscheinlich über soziale Netzwerke Kontakt. Wie ist gerade die Resonanz bei Facebook?
Es sind schon einige Anfragen dazugekommen. Bestimmt 500. Ich konnte die natürlich nicht alle annehmen.
In der Vorrunde hat die deutsche U 20 gegen die USA mit 3:0 gewonnen. Also kann doch heute gar nichts schiefgehen?
Wir können doch nicht ins Finale gehen und glauben, wir schlagen die wieder. Die Amerikanerinnen haben sich gesteigert. Wir müssen genauso konzentriert bleiben.
Das klingt professionell. Ist danach die Teilnahme an der EM 2013 das große Ziel? Bundestrainerin Silvia Neid hält große Stücke auf Lena Lotzen, so ist zu hören.
Klar wäre es schön, bei der EM der Frauen in Schweden dabei zu sein, aber das ist wirklich noch zu weit weg. Wir wollen erst mal hier Weltmeister werden.
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