Roewer: Es gab keine Regeln für V-Leute
NSU-Ausschüsse tagen wieder
Berlin/Erfurt (dpa/nd). Der Thüringer Verfassungsschutz hatte über das Ende der 1990er Jahre hinaus keine Dienstvorschriften zur Führung von Informanten. Ex-Präsident Helmut Roewer sagte am Montag im Neonazi-Untersuchungsausschuss des Landtags, dass es den Willen dazu zwar gegeben habe. Die Regeln für die V-Leute seien aber bis zum Ende seiner Amtszeit Mitte 2000 nicht zustande gekommen. Auf die Frage, ob nicht die Bundesregelungen anzuwenden gewesen wären, sagte Roewer: »Sie waren nicht einzuhalten, weil sie hier nicht galten.« Roewer leitete den Nachrichtendienst von April 1994 bis Juni 2000, bevor er vom Amt suspendiert wurde. In seine Amtszeit fällt das Untertauchen des Jenaer Neonazi-Trios 1998. Die Gruppe bildete später den »Nationalsozialistischen Untergrund« NSU und wird für die Neonazi-Mordserie verantwortlich gemacht.
Am heutigen Dienstag kommt auch der Untersuchungsausschuss des Bundestages zu den NSU-Morden nach der Sommerpause in Berlin zusammen. Verfassungsschützer aus Hessen und ein Vertreter des Militärischen Abschirmdienstes sind als Zeugen geladen. Es soll vor allem um den Mord an einem türkischen Internetcafé-Besitzer 2006 in Kassel gehen. Mehrere Mitglieder des Ausschusses beklagen sich über Verzögerungen und Behinderungen ihrer Arbeit. »Es geht mir etwas zu schleppend voran«, sagt FDP-Obmann Hartfrid Wolff. Auch die Obfrau der LINKEN, Petra Pau, ist unzufrieden mit dem Tempo, in dem die Unterlagen in dem Gremium landen. »Die meisten Akten werden erst unmittelbar vor den Ausschusssitzungen geliefert, manchmal auch danach, auf jeden Fall zu spät«, beschwerte sie sich im dpa-Gespräch. Immer mehr Akten würden außerdem als streng geheim ausgewiesen. »Das bedeutet: Wir dürfen sie lesen, aber nicht darüber sprechen«, sagt Pau. »Das riecht nach dem Versuch, aus einem öffentlichen Ausschuss einen verschwiegenen Geheimbund zu machen. Mit Aufklärung hat das nichts zu tun.«
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