Streit um Bankenunion

Heute stellt José Barroso seinen Vorschlag vor

  • Marion Trimborn, Brüssel (dpa)
  • Lesedauer: 2 Min.
Marode Institute sollen von 2013 an direkt Geld aus dem Euro-Rettungsfonds bekommen können. Wichtigste Voraussetzung: eine neue zentrale Bankenaufsicht. Aus Deutschland kommt heftige Kritik.

Vier Jahre nach Ausbruch der weltweiten Bankenkrise macht sich die Europäische Union an historische Reformen, um den Euro zu sichern. Neben der politischen und haushaltspolitischen Union steht die kriselnde Bankenbranche im Fokus. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso stellt am heutigen Mittwoch einen Vorschlag zur Bankenunion vor. Weil künftig klamme Institute direkt auf Kredite des Rettungsfonds ESM zugreifen können, pochte vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf eine neue »Superaufsichtsbehörde« als eine Voraussetzung dafür.

Der Kern der Idee: Die Banken in den 17 Euroländern sollen einer gemeinsamen Aufsicht unterstellt werden. Als Starttermin ist Januar 2013 angepeilt. Angesiedelt wird sie bei der Europäischen Zentralbank (EZB), die bereits Kontrollaufgaben übernimmt. Deshalb kann alles schnell gehen. »Wir fangen ja nicht bei Adam und Eva an«, sagt EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Nationale Aufseher wie die deutsche Finanzmarktaufsicht BaFin würden den Euroaufsehern unterstellt. Versagt die nationale Ebene, soll die Euroaufsicht Durchgriffsrechte haben.

Das heikle Thema sorgt schon im Vorfeld für mächtig Ärger. Welche Banken sollen der Aufsicht unterliegen? Und wie kann ein gemeinsamer Fonds zur Sicherung des Vermögens auf Privatkonten funktionieren?

Bei der Einlagensicherung sind deutsche Banken Vorreiter. Sie sichern ihre Kundengelder gegenseitig ab, wenn eine Bank in Schieflage gerät. Einige andere Länder haben keinen solchen Topf. Nun fürchten die deutschen Geldinstitute, für Bankenpleiten in anderen Eurostaaten haften und in einen europäischen Fonds einzahlen zu müssen. Das könnte gerade kleine Sparkassen überfordern. Der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann warnt: »Es darf nicht sein, funktionierende Sparkassen- oder Volksbankverbünde auf eine Art und Weise zu opfern, dass marodierende Großbanken davon profitieren und die Sparer dafür zahlen«.

Auch die Aufsicht ist umstritten. Während Frankreich alle Banken europäisch kontrollieren will, scheut Deutschland dies mit Blick auf Sparkassen und Volksbanken. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) plädiert deshalb für eine abgestufte Kontrolle. Die EZB solle nur für die großen Banken zuständig sein, deren Kollaps das gesamte System gefährden könnte. Um kleinere Institute sollten sich die nationalen Aufseher kümmern. Doch auch kleinere Geldhäuser wie Northern Rock oder Dexia wurden nur mit enormen staatlichen Rettungsaktionen vor der Pleite bewahrt.

Ob die Bankenaufsicht wirklich schon zum Jahresbeginn 2013 loslegen kann, ist offen. Europaparlament und Mitgliedsstaaten müssen dem Vorschlag zustimmen. Ohne Berlin lässt sie sich nicht verwirklichen. »Ich warne davor, die Erwartung zu schaffen, das könnte schon zum 1. Januar 2013 funktionieren«, so Schäuble.

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