CIA-Flüge auf dem EU-Radar
Zum Jahrestag von 9/11 fordert Europaparlament Aufklärung über Geheimaktionen
Es seien möglicherweise »die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen seit dem Weltkrieg gewesen«, die sich Anfang des vergangenen Jahrzehnts in EU-Europa abspielten, erklärten die Verfasserinnen eines Parlamentsberichts zu geheimen CIA-Aktionen nach den Anschlägen in den USA am Dienstag. Gemeint waren die vom US-Geheimdienst seit 2001 bis Mitte des Jahrzehnts durchgeführten illegalen Flüge, bei denen Terrorverdächtige unter anderem in Staaten transportiert wurden, in denen sie gefoltert wurden. Von über 1000 solchen Flugbewegungen spricht ein 2006 vorgelegter Untersuchungsbericht des EU-Parlaments, allein 437 davon sollen über deutsches Hoheitsgebiet geführt haben. Neue Auswertungen der Luftfahrtbehörde EUROCONTROL hätten die Flüge nun bestätigt, hieß es gestern in Straßburg. Zudem hatte die CIA in EU-Mitgliedsstaaten - wie in Polen und Rumänien - geheime Gefängnisse unterhalten, in denen Verdächtige misshandelt worden seien.
In ungewöhnlich scharfer Form hat das Europaparlament nun von den EU-Staaten Informationen über die Duldung der CIA-Aktivitäten oder gar Beteiligung daran verlangt. Bislang seien die Mitgliedsländer der Verpflichtung, »schwere Menschenrechtsverletzungen in Verbindung mit dem CIA-Programm zu untersuchen«, nicht nachgekommen, heißt es in der mit 568 Ja-Stimmen der 754 Abgeordneten angenommen Entschließung. Finnland, Dänemark, Portugal, Italien, Großbritannien, Spanien, Irland, Griechenland, Zypern, Rumänien und Polen, die mit den CIA-Aktivitäten in Verbindung gebracht wurden, werden aufgefordert, »alle erforderlichen Informationen über alle verdächtigen Flugzeuge mit Verbindungen zwischen der CIA und ihrem Hoheitsgebiet offenzulegen« und Verantwortliche gegebenenfalls zu belangen. Ausdrücklich richtet sich die Forderung auch an Deutschland. »Es ist nicht vorstellbar, dass die Bundesregierung keine Erkenntnisse zu den illegalen CIA-Aktivitäten hat«, erklärte die Europaabgeordnete der LINKEN Cornelia Ernst gegenüber »nd«. In der Pflicht sieht die Innenpolitikexpertin vor allem den EU-Rat: Das Gremium der Regierungen müsse endlich umfassende und wahre Informationen darüber auf den Tisch legen, welche Staaten auf welche Weise in die Aktivitäten involviert waren.
Der »Antiterrorkampf« Washingtons hat indes auch im US-Gefangenenlager Guantanamo ein Opfer gefordert. Ein Häftling ist am Montag leblos in seiner Zelle aufgefunden worden. Todesursache unbekannt.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.