Rohstoffhunger fair befriedigen
Konferenz: Autoindustrie soll für sozialere und umweltfreundlichere Bedingungen in den Abbauländern sorgen
Eintausend Meter Kupferkabel sind im durchschnittlichen Golf verbaut. Das rötliche Metall gehört zu den wichtigen Werkstoffen in der Autoindustrie und die Nachfrage aus Deutschland ist sprunghaft gestiegen. »Kein Wunder, denn die deutsche Automobilindustrie hat in den letzten beiden Jahren gutes Geld verdient«, so Dr. Klaus Badenhausen. Der Automobilexperte wirkte an der Entwicklung des Smart mit. Laut ihm ist sich die Autoindustrie der Verantwortung bewusst, die sie durch die Beschaffung der Rohstoffe hat. »Faire Förderbedingungen und internationale Umweltstandards werden von den großen drei der deutschen Automobilindustrie, neben Daimler Benz, die VW Gruppe und BMW ernst genommen«, so Badenhausen am Donnerstag auf der Tagung »Rohstoffe für die Reichen - Lebensbedingungen der Armen« in Berlin.
Doch längst nicht immer entsprechen die Produktionsbedingungen in den Entwicklungs- und Schwellenländern, wo das Gros der Rohstoffe für die Automobilindustrie gefördert wird, internationalen Standards. Ein Beispiel ist die neue Kupfermine des Schweizer Rohstoffkonzern Xstrata auf den Philippinen: Im Tampakan-Projekt sollen ab 2016 jährlich 350 000 Tonnen Kupfer und 350 000 Unzen Gold pro Jahr abgebaut werden. »Das Projekt soll jedoch mitten im traditionellen Territorium der B'laan stattfinden. 74 Prozent der Mine liegen in deren Territorium und nicht nur dort macht man sich große Sorgen wegen der Mine«, so Pfarrer Joy Pelino, der Leiter des Social Action Center der Diözese Marbel. Auch die Bauern in dem wichtigen Reisanbaugebiet fürchten, mit der Mine den Zugang zum Wasser zu verlieren. Eine Befürchtung, die an anderen großen Kupferförderstand-orten eingetreten ist.
»So hat es im peruanischen Espinar«, so Ana Leyva von der kirchlichen Hilfsorganisation Fedepaz, »im Mai heftige Proteste gegen die Mine Tintaya gegeben, weil sie die lokalen Wasserquellen kontaminiert«. Derzeit verhandelt der Konzern mit Behörden und Vertretern der Bevölkerung über die Lösung des Konflikts. Kein Einzelfall in Peru, das zu den großen Kupferlieferanten weltweit gehört, und wo Bergbaukonflikte die Regierung seit Monaten in Atem halten. Mangelnde Partizipation der Bevölkerung und fehlende staatliche Kontrolle der Umweltstandards sind zwei maßgebliche Gründe dafür, so Ana Layva.
Das ist auch in Ländern wie dem Kongo, ebenfalls ein Kupferlieferant, oder Brasilien, wo immense Mengen an Eisenerz gefördert werden, der Fall. Brasilien und Peru gehören jedoch zu den wichtigen Lieferanten der deutschen Industrie. Große Mengen an Stahl, Aluminium und Kupfer werden von der deutschen Autoindustrie, auf die rund ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts entfällt, verarbeitet.
Die auf der Tagung vorgestellte Studie »Vom Erz zum Auto« fordert deshalb auch die Automobilindustrie auf offenzulegen, woher die benötigten Rohstoffe und die verarbeiteten Teile kommen. »Publish what you buy«, (»Veröffentliche, was du kaufst«), lautet die Parole, die Jens Martens, Mitautor der Studie und Geschäftsführer der Nichtregierungsorganisation Global Policy Forum Europe, ausgab.
Mehr Transparenz und mehr Dialog zwischen der Industrie und den Nichtregierungsorganisationen könnte helfen, für sozial- und umweltverträgliche Förderbedingungen zu sorgen, so Jean Claude Katende, Direktor einer Menschenrechtsorganisation aus dem Kongo. Dafür ist in der Praxis aber längst nicht immer die Bereitschaft auf beiden Seiten vorhanden. Alternativen gibt es angesichts des weiter steigenden Rohstoffbedarfs und der damit steigenden Zahl von Protesten jedoch nicht.
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