Keine Bank für Jedermann

Noch drei Millionen Euro sollen von reichsten Frauen eingeworben werden

  • Angelika Friedl
  • Lesedauer: 4 Min.
Wer hat in diesen Zeiten den Mut, eine Bank zu gründen? Astrid Hastreiter und Angelika Huber, Gründerinnen der Frauenvermögensverwaltung AG, zukünftig frauenbank.de AG, haben ihn. Dabei geht es deutschen Banken, glaubt man Volkswirten und Analysten, derzeit schlecht.
Experten der amerikanischen Investmentbank Merrill Lynch äußerten sich in einer vor kurzem veröffentlichten Studie besorgt über die deutsche Bankenlandschaft. Schlechte Eigenkapitalrenditen und stark geschrumpfte Gewinne zwingen zu Sparprogrammen, in denen die Streichung von Arbeitsplätzen eine wichtige Rolle spielen. Doch seit kurzem liegt der Emissionsprospekt der »frauenbank.de« vor, mit dem das angestrebte Kreditinstitut die Möglichkeit hat, Aktien und stille Beteiligungen zu zeichnen. Es ist der erste Schritt auf dem Weg zur Bankzulassung. Schwerpunkte der »lila Spirale« werden die Vermittlung und Vergabe von Kleinkrediten an Frauen sein sowie der Handel mit ökologisch und ethisch ausgerichteten Fonds. »Im Frühjahr 2003 ist es soweit«, glaubt Angelika Huber. Dann soll bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) der Antrag auf eine Banklizenz gestellt werden. Dazu wird aber noch das gesetzlich vorgeschriebene Mindestkapital von fünf Millionen Euro benötigt. Etwa zwei Millionen Euro liegen bereits auf einem Treuhandkonto. Auch hinsichtlich der anderen notwendigen Voraussetzungen - Besetzung des Aufsichtsrates, Organisation und Controlling - hat das Gründungs-Duo bereits erhebliche Vorarbeit geleistet. Den Aufsichtsrat der Vermögensverwaltung sieht Huber mit den bisherigen Aufsichtsrätinnen der Frauenvermögensverwaltung, zwei Finanzdienstleisterinnen und einer Wirtschaftsprüferin, optimal besetzt. Diese und weitere Bewerberinnen mit Praxiserfahrung sollen auch den Aufsichtsrat der künftigen Bank bilden. Auf die fachliche Kompetenz eines Aufsichtsrates legt die Bundesanstalt nämlich besonderen Wert. Grundsätzlich können sich auch Männer für den Aufsichtsrat bewerben, aber die Gründerinnen geben offen zu, dass sie die klassische Rollenaufteilung »Frauen sitzen hinter dem Bankschalter, Männer in den Führungsetagen« gerne auflösen wollen.
»Die derzeitige schlechte wirtschaftliche Lage spricht eigentlich für unser Projekt«, meint Huber. Die Konzentration auf eine Kernkompetenz sei ein Erfolg versprechendes Konzept. Große Geschäfte und eine Vielzahl von Produktangeboten strebt die neue Bank tatsächlich nicht an. Am Anfang steht der Aufbau des Einlagen- und Wertpapiergeschäfts, in der zweiten Stufe, wenn das Projekt sich gefestigt hat, werden Kredite direkt vergeben und Girokonten eingerichtet. Auch das vorsichtige Anlageverhalten von Frauen unterstütze ihr Vorhaben, sagt sie. Frauen sind ihrer Ansicht nach weniger auf kurzfristige Spekulationsgewinne ausgerichtet als Männer. Huber schätzt an Frauen auch ein Verhalten, das sie neudeutsch »Committment« nennt: Frauen würden im Allgemeinen ihre Versprechen auch halten. »Dagegen hat mir einer mal am Telefon 50000 Mark versprochen, auf das Geld warte ich noch heute«, erzählt Huber.
Das Geschäftskonzept der Bank erlaubt auch nur ein langsames Wachstum, hochfliegende Pläne, die in den vergangenen Jahren manche Bankgründung, wie etwa die Ökobank, zum Scheitern brachten, sollen der Frauenbank also nicht gefährlich werden können. Was passiert, wenn zum geplanten Starttermin im Frühjahr 2003 nicht genügend Eigenkapital vorhanden ist? Der Antrag auf die Banklizenz wird dann zu einem späteren Zeitpunkt gestellt, der enge Zeitplan, den sich Hastreiter und Huber gesetzt haben, erlaubt eine solche Verschiebung auch.
Etwa fünf bis sechs Jahre braucht es im Durchschnitt, bis eine neue Bank in Deutschland ihre Arbeit aufnimmt. Ob sich die Frauenbank einen derart langen Atem leisten kann, ist allerdings eine andere Frage. Die Kosten der Gründungsfinanzierung tragen die Gründerinnen, teils aus eigenem Vermögen, teils aus privatem Darlehen. Ungefähr 70000 Euro hat zum Beispiel Angelika Huber aus ihrem Vermögen schon beigesteuert. Sollte das erforderliche Mindesteigenkapital auch mittelfristig nicht zusammen kommen, wäre jedoch der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unvermeidlich. Die Gründerinnen sind aber überzeugt, dass es dazu nicht kommen wird. Nach der Veröffentlichung des Emissionsprospektes, der es ermöglicht, verbindlich Aktien und stille Beteiligungen zu zeichnen, sind jetzt offensive Werbekampagnen geplant. Unter anderem sollen durch eine Briefaktion die reichsten Frauen Deutschlands für eine Aktienzeichnung gewonnen werden. Zehn Millionen Euro Grundkapital ist das Wunschziel, damit die Bank mit einer gesunden Basis starten kann.
Die Zukunft wird zeigen, ob potenzielle Anleger/innen, Millionärinnen oder nicht, den Kauf von Aktien trotz der schlechten Wirtschaftslage nicht scheuen. Eine neue, kreative Geschäftsidee ist die künftige Frauenbank allemal. Und Vorbilder, wie die Sewa Bank in Indien und die Grameen Bank in Bangladesh, die sich allen Unkenrufen zum Trotz mittlerweile etabliert haben, arbeiten seit Jahren erfolgreich.


Frauen mit eigenem Geld
Feminine Geldgeschäfte

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -