Ermittlungen zu Todesfolgen eingestellt

Nigerianer starb nach Brechmitteleinsatz

  • Volker Stahl
  • Lesedauer: 2 Min.
Vor 14 Monaten starb der nigerianische Asylbewerber Achidi John bei einem zwangsweise durchgeführten Brechmitteleinsatz im Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf.
Trotz deutlicher Hinweise auf Gewalteinwirkung auf Brust und Hals des 19-jährigen Opfers Achidi John weigerte sich die Hamburger Staatsanwaltschaft, strafrechtliche Ermittlungen gegen die Beteiligten einzuleiten. Gegen die Untätigkeit der Behörden hat die Hamburger Rechtsanwältin Gabriele Heinecke ein Klageerzwingungsverfahren vor dem Hamburger Oberlandesgericht (OLG) angestrengt: »Es darf nicht sein, dass dieser skandalöse Fall einfach unter den Teppich gekehrt wird«, sagte die Anwältin der Eltern von Michael Paul Nwabusi, der sich in Deutschland Achidi John nannte. Der junge Nigerianer war am 9. Dezember 2001 im Stadtteil St. Georg als mutmaßlicher Drogenhändler festgenommen und in das Rechtsmedizinische Institut des Klinikums Eppendorf gefahren worden. »Ich werde sterben«, brüllte er wiederholt auf Englisch, als die Ärztin Ute L. ihm eine Sonde setzen wollte. Weil der Mann sich gegen das gewaltsame Einverleiben des Brechwurzelsirups Ipecacuanha wehrte, wurde er von fünf Polizeibeamten in die Mangel genommen. Erst im dritten Versuch klappte das Einflößen des mit Wasser verabreichten Gebräus. Dabei erlitt der Asylbewerber einen Herzstillstand, auf den die zuständige Ärztin zu spät reagierte. Der Hirntod trat ein. »Die Rettungsmaßnahmen waren dilettantisch«, kritisiert Anwältin Heinecke: »Die Rechtsmedizinerin beschäftigt sich normalerweise mit Toten. Und die zucken nicht, wenn man ihnen eine Sonde einführt.« Die Staatsanwaltschaft behauptete später, der Tod sei auf eine durch Kokainkonsum bedingte Herzkrankheit zurückzuführen. Für Heinecke steht auf Grund der Aktenlage fest: »Achidi John starb nicht daran, denn sein Herz schlug nach der Reanimation noch bis zur Feststellung des Hirntods weiter.« Dagegen gebe es »massive Hinweise« darauf, dass John nach Gewalteinwirkung insbesondere auf Brust- und Halsbereich und wegen mangelnder Sauerstoffzufuhr durch Würgen zu Tode gekommen ist.

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