Abschied von einem Freund

Zum Tod des Schlagerkomponisten Gerhard Siebholz

  • Dieter Schneider
  • Lesedauer: 2 Min.
Wofür danke ich ihm zuerst? Für sein Wissen und Können um das so schwer zu machende Leichte und mit ihm niemals Seichte? Für seinen unermüdlichen Einsatz als »vielsaitiger« Zauberer unserer Zehnten Muse, der Unterhaltungskunst? Ausnahmslos von seinem ganz besonderen Geist beseelt sind die Kompositionen und Arrangements, die Gerhard Siebholz uns als sein Lebenswerk hinterlässt. Unvergessen bleiben »Heut ist wieder Vollmond« und »Gib dem Glück eine Chance« (Hauff & Henkler) und »Männer müssen Männer sein« mit Britt Kersten, seiner langjährigen Ehefrau, die auch mit »Blond wird groß geschrieben« begeisterte. Bleiben werden auch seine Erfolge mit meinen Kollegen Wolfgang Brandenstein (»Das war ein Meisterschuss«), Wolfgang Tilgner (»Keinen Tag geb ich her«) oder Fred Gertz (»Die Sprache der Liebe ist leis«), ganz zu schweigen von »Maxe Baumann«, dem Fernsehschwank und DEFA-Film von Götz Jäger mit Gerd E. Schäfer. Im Komponisten-Duo mit Frank Schöbel machte er den »Fußball so rund wie die Welt« zum Weltmeisterschafts-Hit. Aus zuvor wenig beachteten Liedern wurden mit seinen Arrangements wahre Hits, zum Beispiel »Wie ein Stern«. Seine eigentliche Kunst als Tonmeister bestand darin, den Interpreten besonders in schwachen, manchmal von Unsicherheit und Zweifel geprägten Momenten die schönsten und wirkungsvollsten Töne zu entlocken. Wie ein Vater und voller Fürsorge hat er in seiner unendlichen Geduld und Liebe zu allem, was er tat, menschliche Schwächen zur Stärke gemacht. Laute Worte, Zank und Streit waren bei ihm undenkbar. Gerhard Siebholz - am Donnerstag vergangener Woche ist er 70-jährig gestorben - war ein bekennender Mensch, sich selbst stets treu und loyal zu seinen Partnern. Das tiefe Vertrauen, das man ihm entgegenbrachte, hatte er verdient wie kaum ein anderer. Sein Wirken hat unsere Welt ein wenig liebevoller und bunter erscheinen lassen. Kinderlieder, Seemannslieder, Songs für Festivals - keine musikalische Facette war ihm fremd. Seinen Historischen Hit-Hocker, auf dem die Erfolge geboren wurden, hat er Frank Schöbel zu dessen 40-jährigen Bühnenjubiläum wie einen Staffelstab anvertraut. »Siepe«, wie ihn alle liebevoll nannten, hat dem Glück wirklich eine Chance gegeben, war seinen Kollegen treu und mir, ohne es jemals benannt und erklärt zu haben, ein wundervoller und einzigartiger Freund. Dieter Schneider ist Texter zahlreicher Lieder der DDR-Unterhaltungsmusik.

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