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Murdoch vor einer Schlappe

Auf dem TV-Markt Indiens tobt ein erbitterter Konkurrenzkampf

  • Hilmar König, Delhi
  • Lesedauer: 3 Min.
Verwirrung auf der ganzen Linie. Das kennzeichnet in Indien die gegenwärtige Situation auf dem umkämpften Markt der elektronischen Medien, besonders in der mit mehr als zwei Milliarden Euro Wertvolumen dotierten TV-Branche.
In Delhi, Kolkata (Kalkutta), Chennai (Madras) und Mumbai (Bombay) streikte vergangene Woche die Vereinte Front der TV-Kabelbetreiber. Sie sorgte dafür, dass die Fernsehzuschauer drei Stunden lang vergeblich in die Röhre blickten. Die Kabel- und Satellitenantennenfirmen verlangen, die von der Regierung festgelegte Monatsgebühr von 72 Rupien (etwa anderthalb Euro) für ein »Programm-Bouquet« im Pay TV auf 180 Rupien zu erhöhen. Auf einem anderen Blatt steht freilich, dass zumindest in Delhi diese Firmen den Markt weitgehend unter sich aufgeteilt haben, in verschiedenen Stadtgebieten die Monopolstellung besitzen und dem Kunden schon seit Jahren Preise diktieren, die nahe an der 300-Rupien-Grenze liegen. Eigentlich bezog sich der Streik auf eine Verordnung, die frühestens am 1.September in Kraft treten wird. Erst dann nämlich soll das Pay TV, in Indien als Conditional Access System (CAS) bezeichnet, eingeführt werden. Dazu muss der Kunde einen Konverter kaufen oder von der für sein Stadtgebiet zuständigen Kabelfirma mieten. Damit kann er dann für die noch umstrittene Gebühr ein nach seinem Geschmack zusammengestelltes »Bouquet« seiner Lieblingssender empfangen. Niemand kann schlüssig erklären, warum die Regierung das neue System überhaupt und obendrein noch so überhastet durchsetzen will. Einige Fernsehsender befürworten CAS, andere lehnen es unter Hinweis auf ein weiteres System ab, das eine Direktverbindung vom Sender zum Kunden ermöglichen und offiziell im Frühjahr 2004 das Licht der Welt erblicken soll. Parallel zum CAS-Zwist tobt seit Monaten eine Propagandaschlacht zwischen dem TV-Star-Imperium des australisch-amerikanischen Medienzars Rupert Murdoch und der indischen Konkurrenz. Star, das von Hongkong aus agiert, ist am indischen TV-Firmament mit rund einem Dutzend Kanälen vertreten. Damit bedient es nahezu jeden Geschmack und zieht angeblich 65Prozent aller Fernsehzuschauer Indiens in seinen Bann, immerhin ein etwa 300-Millionen-Publikum. Star Plus kreierte die indische Version von »Wer wird Millionär« und engagierte dafür als Moderator das Filmidol Amitabh Bachchan. Die Quizshow wurde ein Bombenerfolg mit traumhaften Einschaltquoten. Auch die Werbung frohlockte. Nach eigenen Angaben, so der Konter, beschäftigt Star in Indien mehr als 700ausschließlich indische - obendrein durchweg patriotisch gesinnte - Mitarbeiter. Es investiert für seine Programme täglich 200000 Euro und leistet seit 1993 einen beträchtlichen Beitrag zur indischen Unterhaltungsindustrie. Diese besteht zu 60 Prozent aus TV-Business. Gegen die Star-Übermacht war die indische Konkurrenz bislang machtlos. Erst in diesem Frühjahr fand sie einen Ansatzpunkt, Murdochs Einfluss eventuell doch zu beschneiden - und zwar auf dem Nachrichtensektor. Das indische Gesetz erlaubt für Druckerzeugnisse mit politischem Inhalt eine Auslandsbeteiligung von 26 Prozent, um eine Fremdbestimmung zu verhindern. Seit März diesen Jahres gilt diese Restriktion ebenso für ausländische Investitionen in TV-Nachrichtenkanäle. Murdoch glaubte vorgebaut zu haben, indem er die auf den britischen Jungferninseln registrierte Firma Media Content and Communication Services gründete, die offiziell über 26 Prozent des Aktienkapitals verfügt. Die »restlichen« 74Prozent verteilte er an indische Geschäftsleute, nichts anderes als Strohmänner, wie die hellwache Konkurrenz meint. Damit meinte Star, die Sendeerlaubnis für den Nachrichtenkanal zu erhalten. Doch die Konkurrenten schlugen Alarm, und das Informationsministerium ließ sich nicht übertölpeln. Es gewährte Star News nur eine zeitlich begrenzte, inzwischen fünfmal verlängerte Lizenz und legte den Verantwortlichen einen Katalog detaillierter Fragen über Struktur und Eigentumsverhältnisse der Sendanstalt vor. So steht der Medien-Moloch am Rande einer empfindlichen Schlappe.
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