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- Heute beginnt der Abriß der Werner-Seelenbinder-Halle/ Mit ihr verschwindet ein Stück DDR-Sportgeschichte
Die Birne besorgt den Rest
In stiller Trauer gedenken wir der vielen schönen Stunden, die sie uns beschert hat. Wir werden ihr Andenken in Ehren bewahren.
Das Zweier-Mannschaftsfahren über 1001 Runde um den Pokal des „Neuen Deutschland“ war stets ein Höhepunkt auf der Winterbahn Foto: Eckstein
Wirklich? Wer wird denn noch an die gute alte Werner-Seelenbinder-Halle zurückdenken, wenn erst die neue Halle mit all ihrer modernen Ausstattung und Technik lockt? Wer sehnt sich denn nach dem alten Friedrichstadt-Palast zurück? Das ist der Lauf der Dinge: Altes hat ausgedient, wird durch Neues und Besseres ersetzt.
Nun, da ab heute die Abrißbirne den Sterbetakt schlägt ist eine Würdigung der Dahinscheidenden durchaus angebracht.
Das Licht dieser Welt hatte sie am 27 Mai 1950 (sofern man ihre Geburt mit der Fertigstellung festlegen will) erblickt, und zwar mit dem „Kongreß junger Friedens-
Wer ist denn dieser Seelenbinder? Keine Ahnung, sicher einer von den SED-Bonzen.
Dialog vor der Werner-Seelenbinder-Halle anläßlich der Architektur Werkstatt „Sport ? Stadt ? Berlin 2 000“ am 27. Februar 1992.
kämpfer“ zum Auftakt des I. Deutschlandtreffens der Jugend. Beschlossen worden war die Errichtung eines „Sportpalastes“ in Berlin zu Pfingsten 1949 vom in Leipzig tagenden Parlament der FDJ. Die zum großen Teil in Trümmern liegende Halle III und die Halle II des Schlacht- und Viehhofes wurden zu einer 199 m langen und 60 m breiten Sportarena innerhalb eines Jahres umgebaut.
Die Vielseitigkeit der Nutzung war das Ziel der Projektanten. Radrennen, Boxen, Großkundgebungen (Rockkonzerte waren damals noch nicht „erfunden“) sollten stattfinden, und die Kühlanlagen des Schlachthofes wurden genutzt für eine Kunsteisflä-
che. Ältere Sportfreunde erinnern sich mit Vergnügen an Eishockeyspiele, vor allem an die Kurvenflitzer im „Nudeltopp“, die in den Pausen für Unterhaltung sorgten.
Die Handball-Neujahrsund TSC-Boxturniere, Judound Box-Europameisterschaften sind unvergessene Höhepunkte im Berliner Sportgeschehen.
Von Beginn an war die Halle vor allem eine Radsportarena. Schon vor ihrer Fertigstellung wurde mit dem Rennbahnarchitekten Schürmann ein Experte unter Vertrag genommen, der Holzpisten nicht nur in Deutschlands Hallen einbaute. Am 27. Oktober 1950 fand statt, was man als Bahnbegehung bezeichnet. Der „Illustrierte Radrennsport“ konstatierte: „Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die gut durchdachte Rennbahn allen Ansprüchen genügen wird, daß sich auf ihr Rennen ab-
spielen werden, die das Herz jedes Radsportfreundes erfreuen.“
Als erster Sieger ging der Potsdamer Karl-Heinz Neie am 19. November 1950 in die lange Chronik ein. Er hatte den ersten von sechs Flieger-Vorläufen gewonnen. Die erste Schleife holte sich der Berliner Bäckergeselle Hans Wagner, der im Fliegerfinale Neie besiegte und später auch noch ein Rundenrekordfahren in 11,2 Sekunden gewann.
Schon damals begann, was sich bis zum Ende fortsetzte: Auch der Nachwuchs erhielt seine Chance. Detlef Zabel gehörte zu den ersten Siegern fünf Jahre später half er Täve Schur beim dessen erstem Gesamtsieg in der Friedensfahrt. Sohn Eric, jetzt in Dortmund und im Telekom Team unter Vertrag, lernte voriges Jahr ebenfalls die Friedensfahrt auch als Etappensieger - kennen.
Die Winterbahn gehörte zu den Wintervergnügen nicht nur der Ostberliner wie der Sportpalastwalzer zum Sechstagerennen. Die Qualität der Rennen und die Atmosphäre der Halle hatten Signalwirkung nach außen. 1952 starteten mit einer CSR-Mannschaft beim Länderkampf mit der DDR (5,5:6,5) erstmals ausländische Gäste. In der Folgezeit war die Winterbahn meist auch ein Stelldichein der Weltelite.
Dies ist umso bemerkenswerter, als viele, in Sachen Sechstagerennen erfahrene „Experten“, der Bahn an der Leninallee (jetzt wieder Landsberger Chaussee) keine Perspektive einräumten. Nur für Amateure? Damit ist kein Geschäft zu machen, war ihr Argument. Sie übersahen: Das Oval war nie um des Geschäftes willen zusammengebaut worden, und trotzdem wurde es bald Europas einzige Nur-
Amateurwinterbahn, auf der Olympiasieger und Weltmeister zu Hause waren. Und sich auch viele Bolzer den Schwung für die Straße holten. Sprint-Weltmeister Daniel Morelon wurde ebenso gefeiert wie Olaf Ludwig oder Michael Hübner. Die Zuschauer hielten auch dann die Treue, als ihnen ein traditionelles „Zubehör“ verweigert wurde: das Bier. Sie kamen halt ausschließlich wegen des Sports.
Die Seelenbinder-Halle mit der herben Symmetrie einer Markthalle, deren Altersrunzeln im Gesicht mit einer Verblendung der Stirnseite geliftet wurden, war auch Schauplatz eines Evangelischen Kirchentages (1951), und hier fanden SED-Parteitage, Konferenzen, Kongresse und auch Ausstellungen statt. Vor allem: Sie war stets auch Heimstatt für den Nachwuchs- und den Breitensport. Spartakiadewettbewerbe wie Volkssportturniere im Handball und Fußball gehörten stets zu den Attraktionen. Nicht zu vergessen der Kinder- und Jugendsport.
Die Anfang November vergangenen Jahres begonnene Innendemontage hat zahlreichen Kindern aus Prenzlauer Berg und vielen Vereinen eine traditionelle Übungsstätte genommen. Ohne, daß sie ihnen adäquater Ersatz geboten
werHpn konnte
Die neue Radsporthalle mit 6 000 Plätzen, die an gleicher Stätte ab Sommer entsteht, wird ihnen als Übungsstätte verschlossen bleiben oder zu teuer sein. Insofern darf dieser Nachruf Wehmut mit einigen Zeilen aus dem Eröffnungsbericht verbreiten: „Mit der Errichtung des Sportpalastes im Arbeiterviertel Berlins erhält die demokratische Sportbewegung dank der Initiative der FDJ und des Deutschen Sportausschußes eine Pflegestätte des Massen- und Breitensports, die nicht geschäftstüchtigen Veranstaltern als willkommenes Profitunternehmen dienen wird.“
WOLFGANG RICHTER
konnte das Rückspiel lange Zeit ausgeglichen gestalten. Ein energischer Zwischen* spurt der Frankfurterinnen vom 15:15 (43.) zum 21:16 (49.) brachte die Entscheidung.
Trotz des Acht-Tore-Polsters für seinen SC Leipzig will Trainer Lothar Doering noch keine Wetten über ein Weiterkommen abschließen. „Das Rückspiel wird noch einmal sehr schwer“, meinte der Coach und dachte dabei wohl in erster Linie an die dort zu erwartenden 2 500 Zuschauer, die nach dem Hick Hack um den Austragungsort aufgeputscht sein werden, sowie an die türkischen Schiedsrichter, die sich schon mehrmals im Europapokal durch frenetisches Heimpublikum beeinflussen ließen.
Der SCL zog gegen die Gä> ste, die als Automobilisk Baku schon einmal den IHF-Cup gewannen, erstmals in der 27. Minute (12:10) mit zwei Treffern in Front. Mit der guten Torhüterin Michaela Schanze sowie den erfolgreichen Werferinnen Kerstin Nindel (9/2), Kerstin Mühlner (8) und Angela Werner (6) schufen sich die Leipzigerinnen noch einen beruhigenden Vorsprung.
AXEL EIFERT, ADN
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