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Werk der Liquidatoren

  • Lesedauer: 3 Min.

Der richtige Umgang mit dem Eigentum an Produktionsmitteln sollte mit der Treuhand einem geneigten Volk gezeigt werden. Eingerichtet als Alternative zu privaten Aneignungen im Wild-West-Stil und zum Filz einer Staatsverwaltung ist am Ende deren Kombination herausgekommen. Gegenüber der Öffentlichkeit und der Justiz hat die Treuhand dabei ihre liebe Not, das Gebaren ihrer Liquidatoren zu erklären.

Dem Verfahren nach landen die „guten“ Betriebe ins Töpfchen der Branchendirektorate, die „schlechten“ ins Kröpfchen der Abwicklung. In der Wahl zwischen einer gerichtlichen Gesamtvollstreckung und einer Liquidation unter der Regie der Treuhand wird in der Regel auf letzteres zurückgegriffen. Die Unternehmen liegen dann in der Hand jener, denen es gefallen hat, sich Liquidatoren zu nennen. Lohn ihres Werks sind Honorare, die ihrer Natur nach nichts anderes als eine Tributforderung auf ein bedrängtes Vermögen darstellen.

Das Werk diesseits und jenseits des Direktorats hat durchaus seinen Reiz, wie die Karriere Gregor Zinsmeisters beweist. Als Abteilungsleiter für 200 000 DM im Direktorat eingestiegen, soll das Geld in 18 Monaten für die „Gregor Zinsmeister Consultants GmbH“ zusammen gewesen sein, die in den anschließenden sechs Monaten 76 DDR Betriebe für ein Gesamthonorar von 4,3 Millionen Mark plus Mehrwertsteuer abgewickelt habe. Diese Tätigkeit geschieht in enger Tuchfühlung mit der Anstalt, die dazu Liquidatorentagungen durchführt, eine Liquidatorenzeitung herausgibt und einen Liquidatorenbeirat unterhält. Etwas länger ist offensichtlich der Münchner Rechtsanwalt

Karl Tyneck mit 27,5 Millionen DM dabei. Bei einem verordneten Stundensatz von 250 DM ist er offenbar schon 50 Jahre tätig.

Es hat sich gezeigt, daß die Liquidatoren zu Übertreibungen neigen. Entweder schlagen sie „Handlingsgebühren“ von 140 000 DM drauf oder sie rechnen großzügig für eigene Mitarbeiter ab. Bei derartig ruchbar gewordenen „Ausreißern“ hat sich die Treuhand wiederholt veranlaßt gesehen, die Abrechnungsbedingungen zu präzisieren. Nach Treuhand-Vorstand Dr Wolf Klinz muß verhindert werden, daß „Exoten nach oben ausschlagen.“

Das Direktorat Abwicklung sieht sich noch keineswegs am Ende seiner Tätigkeit. Dafür ist ein Führungswechsel in der Abwicklung erfolgt, auf den Mann fürs Grobe ist der für die Paragraphen gefolgt. Diesen näher, sollen künftig die Liquidatoren mehr die „Philosophie des Hauses“ tragen.

Soweit die schlechte Nachricht. Und die gute: Der Trehandchefin Birgit Breuel soll die Gregorius-Agricola-Gedenkmünze von der Gesellschaff Deutscher Metallhütten- und Bergleute (GDMB-Köln) in Dresden verliehen werden. „Wir würdigen damit die Verdienste von Frau Breuel,“ heißt es in der Begründung, „um den Erhalt und die maßvolle Anpassung der Betriebe der Montanindustrie der neuen Bundesländer an die Marktwirtschaft.“ Greorgius Agricola, vor 500 Jahren geboren, ist Wissenschaftler in Sachsen und Bürgermeister in Chemnitz gewesen, der zur Mehrung des hiesigen Bergbauwesens beigetragen hat, die Bankierstochter und Politikerin Birgit Breuel hat dagegen nicht weniger verdienstvoll für die Minderung gewirkt.

FRITZ F1EHLER

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