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Flachslanden-Anwalt gefeuert

Gericht entzog Pflichtverteidiger das Mandat und bat ihn zur Kasse

  • Lesedauer: 2 Min.

Die Zahl 13 steht auch in der Prozeßserie gegen die Kinderschänder von Flachslanden für Unglück. Mit dem Verfahren gegen den 13. der 20 Angeklagten kommt das Landgericht Ansbach einfach nicht klar. Nachdem Pflichtverteidiger Peter Weitzdörfer am Mittwoch abend das Mandat entzogen worden ist, muß der Prozeß gegen den 39jährigen Angeklagten zum vierten Mal völlig neu aufgerollt werden.

Die Jugendkammer macht die „Konfliktverteidigung“ des Anwalts für den Prozeßabbruch verantwortlich und bürdet ihm die Verfahrenskosten auf - eine fünfstellige Summe. Die Bundesrechtsanwaltskammer hat von einem solchen Fall noch nie gehört. Auch die Staatsanwaltschaft hält die Entscheidung für einmalig. Weitzdörfer wird die Vielzahl seiner - nach Meinung der Richter aussichtslosen - Prozeßanträge vorgeworfen. Da-

mit habe er den Verfahrensfortgang verhindern wollen.

Gleich im ersten Prozeßanlauf vor einem Jahr zweifelte der Anwalt die Schuldfähigkeit seines Mandanten an - doch* dessen Intelligenzquotient wurde knapp über der Grenze zum Schwachsinn festgestellt. Beim zweiten Prozeßanlauf im September nannte Weitzdörfer die Vorwürfe der mißbrauchten Kinder „phantastisch und widersprüchlich“. Beim dritten Anlauf im Januar stellte er in sieben Tagen sechs Befangenheitsanträge gegen Richter und Schöffen. Zuletzt drohte er mit Verfassungsbeschwerde.

Hinter dem verfahrenstechnischen Streit schwelt ein Grundproblem der Prozeßserie gegen 20 Erwachsene, die neun Kinder im Alter zwischen zwei und zwölf Jahren sexuell mißbraucht haben sollen. Sind die Aussagen der Opfer in jedem Fall verläßlich? Die Kinder hatten den 39jährigen als

einen der „Schlimmsten“ bezeichnet. Die meisten der bisherigen Angeklagten haben ihre Verurteilung durch ein Geständnis erleichtert - gegen Zusicherung geringerer Strafe.

Darauf wollte sich Weitzdörfer nicht einlassen. Sein Mandant widerrief alle früheren Teilgeständnisse und besteht darauf, daß ihm seine Schuld vor Gericht exakt nachgewiesen wird. Damit kommt einem psychologischen Gutachten zur Glaubwürdigkeit der Kinder zentrale Bedeutung zu. Doch noch bevor diese Expertise vor Gericht verlesen werden konnte, ließ Weitzdörfer sie von Gegen-Gutachtern als „unprofessionell“ zerpflükken. Der Streit um die Aussagen der Opfer ist noch lange nicht beigelegt. Weitzdörfer aber wird auch im vierten Prozeßanlauf dabei sein - dann allerdings als Wahlverteidiger des Angeklagten.

ROBERT GEGNER, dpa

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