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  • Kultur
  • Zum Tode des Folksängers Perry Friedman

Banjoman

  • Gunter Gort
  • Lesedauer: 3 Min.

Foto: ND-Archiv

Zum ersten Mal sah und hörte ich Perry Friedman 1959 in der damals noch existierenden Sporthalle in der heutigen Karl-Marx-Allee. Auf der Bühne ein schlaksiger junger Mann aus Kanada. Das Banjo vor dem Bauch. Der deutschen Sprache nicht mächtig, aber vom Ehrgeiz besessen, die Kluft zwischen Bühne und Publikum zu überbrücken, es zum Mitsingen zu bewegen. Er schaffte es. Damals bekam ich eine Vorstellung davon, was das ist, ein Folksänger Während wir uns mit mäßigem Erfolg in kunstvollem Stimmsatz mit deutschen Volksliedern abmühten, zeigte er uns, wie unmittelbar ihre Wirkung sein kann. Singen nicht als Kunst, sondern als natürliche Lebensäußerung. Das blieb sein Credo. Er sorgte fortan dafür, daß Hootenanny, Synonym für öffentliches gemeinsames Singen, zum Sprachschatz der DDR-Jugend gehörte.

Im Berliner Kino International bildete sich ein Hootenanny-Club (Vorläufer des Oktoberklubs). Und viele ähnliche Singetreffs entstanden im Lande. Auf seine Weise hatte Perry Friedman geholfen, daß die DDR-Jugend ihre Stimme wieder fand. Denn neben überlieferten Liedern wurden immer mehrsolche aus eigener Feder

angestimmt, darin die jungen Liedermacher ihre Erfahrungen im Umgang mit der Wirklichkeit artikulierten. In Perry hatten sie einen verständnisvollen, einen sie ermunternden Paten. Doch zunehmend gerieten die „Singebewegung“ wie auch ihr wichtigster Mentor in den Widerspruch zwischen engagierter Kritik an Widersprüchen im Sozialismus und der politischen Forderung, das Bestehende zu bejubeln. Kompromisse wurden nötig, die oft genug die Glaubwür-

digkeit der Sänger in Frage stellten. Auch an Perry ging der Kelch nicht vorüber. Immer wieder versuchte er, den mit Fallen gespickten Weg zwischen kritischem Aufbegehren und bewußter Parteinahme zu gehen. Manchmal schien es, als habe er resigniert, ließ er sich doch auch als Festsänger für politische Alibiveranstaltungen einkaufen.

Als junger Kommunist war er in der DDR geblieben - nur von 1971 bis 1976 war er nach Kanada zurückgekehrt -, weil er vieles, von dem er träumte, hier im Wachsen sah. Und die Hoffnung, helfen zu können, vorhandene Fehlentwicklungen zu beseitigen, hatte er bis 1989 nicht aufgegeben. Die Ereignisse des Jahres aber, und in ihrer Folge das Verschwinden der DDR, machten ihn sprachlos, das Verlöschen seiner Träume krank. Noch einmal versuchte er, sich mit einem neuen Programm im November vergangenen Jahres in der Berliner Möwe zu Wort zu melden.

Jetzt erreichte uns die Nachricht, daß er in der vergangenen Woche verstarb. Die Erinnerung an diesen guten Freund werden wir bewahren, wie auch die zahlreichen Schallplatten mit seiner unverwechselbaren Art zu singen.

GÜNTER GORTZ

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