- Politik
- 4. April: früher in Ungarn Nationalfeiertag
Von der Befreiung zur Besetzung
1995 ist das fünfte Jahr, in dem in Ungarn der einstmals offiziell höchste Nationalfeiertag - der Tag der Befreiung durch die Sowjetarmee - ausfällt. Getragen vom neuenalten Nationalgefühl, hatte die Regierung Jözsef Antalls diesen Feiertag wenige Monate nach ihrem Amtsantritt im Mai 1990 ersatzlos aus dem Kalender gestrichen.
Politiker und Historiker diskutieren seit nunmehr 50 Jahren ernsthaft und zum Scheine über die Befreiung bzw Besetzung Ungarns im Jahre 1945. Der „kompromißlerische“ Teil der Historikerzunft betont schon seit etwa 20 Jahren, daß der 4. April nicht das wahre Datum der Befreiung sei, denn der letzte deutsche Soldat habe das Land in Wirklichkeit erst am 13. April verlassen. Der Beweis dafür wurde erstmals im Jahre 1974 durch den bis heute dem sozialistischen Lager zugehörigen Prof. Sändor Balogh geführt.
Der namhafte Historiker schlug schon damals vor, den großen Feiertag auf den 21. Dezember zu verlegen. Dieses Datum erschien deswegen als das „ungarischere“, weil an diesem Tag im Jahre 1944 im nordostungarischen Debrecen die Provisorische Nationalversammlung zusammengetreten war und Ungarn zur Republik erklärt hatte. Aber auch dieses Datum eignet sich heute keinesfalls zum Feiertag. Zur Erklärung muß man wissen, daß die seinerzeitige bürgerlich-demokratische Führungsgarnitur das historische Zusammentreffen in Debrecen - nicht ganz ohne sowjetischen Druck auf den Geburtstag des „Großen Führers“ (Stalin) verlegt hatte.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.