Werbung
- Anzeige -

Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

  • Kultur
  • EIN ÖSTERREICHISCHER NEONAZI BEICHTET

„Ich geh jetzt Rambo spielen

  • Lesedauer: 4 Min.

Um es gleich vorweg zu nehmen: die beiden Mordprozesse - in denen der österreichische Neonazi Wolfgang Niederreiter eine wichtige Rolle spielen wird - haben noch nicht stattgefunden. Weder im deutschen Memmingen, noch im österreichischen Klagenfurt. Angeklagt sind die ehemaligen Söldner Falk Simang und Harald Stefan Trupp. Sie sollen ihren Kumpan Constantin Bieske, genannt „Conny“, am 20. August 1993 in der Nähe von Mostar (Bosnien) hinterhältig erschossen, danach mit Benzin Übergossen und angezündet haben. Niederreiter hatte die Tat öffentlich gemacht. Die

Christoph Santner/ Wolfgang Niederreiter- Ich geh jetzt Rambo spielen. Müllkind, Neonazi, Söldner in Bosnien, Bekehrung - und ein Mordprozeß. Aufbau-Verlag, Berlin 1995. 233 S., 56 Abb., 25 DM.

Mörder haben den Mord gestanden. Wenn jetzt auch Niederreiter wie seine früheren Komplizen in Untersuchungshaft sitzt, dann deshalb, weil diese nun ihn belastet haben.

Der österreichische Journalist Christop Santner, der jetzt bei München lebt, hat seinen Landsmann Wolfgang Niederreiter, einen angeblich geläuterten Neonazi und Ex-Söldner in den bosnischen Bergen, wochenlang begleitet und dessen Erlebnisse protokolliert. Es ist kein Buch über den Bosnien-Krieg schlechthin, sondern weit mehr Niederreiter schildert seine komplizierte Kindheit und Jugend, Aufenthalt in Internaten und Kinderheimen. Er liest Hiltlers „Mein Kampf „Ich muß sagen, daß mir das Buch imponiert, auch Hitler selbst“ (S. 58). Folgerichtig beteiligt er sich an neonazistischen Aktionen in seinem Wohnort Hailei, wird vor Gericht gestellt und verurteilt. Schulden und neue Straftaten lassen ihn aus Österreich fliehen. Nach einem Monat Ausbildung in der Fremdenlegion kehrt er zurück, schließt sich in Salzburg den Spitzen der

Neonazis. Gottfried Küssel und Günther Reinthaler an. Um der Gefahr einer erneuten Festnahme zu entgehen, beschließt er, wie er zu seiner kroatischen Freundin sagt: „Ich geh jetzt Rambo spielen, nach Kroatien“ (S. 78).

Schon am 15. August 1993 findet seine Feuertaufe statt, gegen gen Mostar vorrückende Moslems. Es ist erschreckend, mit welcher Kaltschnäuzigkeit Niederreiter die Mordlust kroatischer und ausländischer Söldner beschreibt: zwei älteren Männern die Augen ausgestochen, zwei Frauen die Leiber aufgeschlitzt, drei Kinder erstochen... Später erwähnt Niederreiter, wie er einen 17jährigen Mitkämpfer erschießt (S. 87) - er habe ihn bedroht - und dann beraubt. Oder, wie in Mostar von einem deutschen Söldner „einem sechsjährigen moslemischen Buben eine Handgranate zum Spielen in die Hand gegeben“ wird. Sie war scharf. Der Junge wurde auf der Stelle zerfetzt. (S. 91)

In Medjugorge, dem berühmten „Marien-Erscheinungs“-Ort, begegnet Niederreiter Vertretern humanitärer Hilfsorganisationen. Angeblich bewirkte dies seine Umkehr (S. 94). „Was für den Soldaten die Splitterweste ist, das ist für mich von nun an der Rosenkranz“ (S. 97). So einfach ist das. Zynismus oder Naivität?

SCHORSCH SCHMOLKE

A. Rieger/U. Sander: Schwarz-BraunBuch - Ein alternativer Verfassungsschutzbericht. 24S S.. geb.. 24,90 PRV Nr. 3-89144-2 1 1-4. In 20 Beitragen von Autorenlnnen wie A. Stolze. H. Hannover, R. Güssner. E. Spoo. J. Trittin u.a. wird die aktuelle Lage nicht nur im Bereich Neofaschismus, sondern vor allem in der sog. Mitte der Gesellschaft untersucht. Luis Corvalän: Der Zusammenbruch der Sowjetmacht. 221 S. Pb Dietz 29,80 Nr. 3-320-01909-0. Corvalän ist eine der letzten noch lebenden legendären Führungspersönlichkeiten der kommunistischen Weltbewegung. Seine Sicht auf den Niedergang des realen Sozialismus benennt die KPdSU als eigentlichen Schuldigen der Entwicklung, weil diese Partei keine kommunistische Partei, sondern nur noch ein bürokratisches Gebilde gewesen sei.

M. Vesper: Marx in Algier. 240 S., Abb., Ln.. 29,90 PRV Nr. 3-89144-200-9. Die Journalistin Vesper hat während ihres 7-jährigen Aufenthalts in Algerien Marx letzten Auslandsaufenthalt erforscht. Mit leichter Feder

E. Czichon: Die Bank und die Macht. Herman Josef Abs, die deutsche Bank und die Macht. 518 S.. geb.. 49,80 PapyRossa Nr. 3-89438-082-9. Fakten gegen die Lügen der Deutschen Bank über ihre „Opferrolle“ im Faschismus. N. Podewin: Walter Ulbricht. Eine neue Biographie. 450 S., Abb., geb. Dietz 48,-Nr. 3-320-01886-8. War Ulbricht bedingungsloser Stalinist oder Wegbereiter der Koexistenz antagonistischer deutscher Staaten? Das und seine Gegnerschaft gegenüber Breshnew, die ihn schließlich zu Fall brachte, sind wichtige Themen dieser neuen Biographie. Die Nachfolger Ul-

brichts haben sich erfolgreich bemüht, sein Bild aus der Geschichte zu tilgen. Hier eine neue Sicht auf den neben Adenauer wichtigsten deutschen Nachkriegspolitiker. Che Guevara -Ausgewählte Werke Guerillakampf und Befreiungsbewegung 22,90 Nr. 004-9 Das albanische Tagebuch

24.80 Nr. 005-7

Aufsatze zur Wirtschaftspolitik

22,90 Nr. 006-5

Schriften zum Internationalismus

19.80 Nr. 007-3

Das vollständige Bolivianische lagebuch 22,80 Nr. 008-1 Der neue Mensch - Entwürfe für das Leben in der Zukunft

22,90 Nr. 009-X

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.