Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Gefestigte Demokratie

  • Frank Wehner
  • Lesedauer: 2 Min.

Jelzin und-der Westen sind sich wieder einmal einig: Die Wahlen in Rußland dürfen, auch wenn noch keiner deren Resultate richtig kennt, als ein Triumph der Demokratie gewertet werden. Nicht nur bewährt hat diese sich, sie ist sogar gefestigt und gestärkt.

Begeisternd war schon die Beteiligung. Zwar wäre man in Bonn starr vor Erschütterung, wenn zum Bundestagsurnengang nicht mehr erschienen, doch für die Russen hat es allemal gereicht.

Der Kurs, der unter dem Pseudonym .Reformpolitik “ gesteuert wird, erfuhr Bestätigung, obwohl für die Partei des Premiers kaum jeder zehnte Russe stimmte und die genehme Opposition ebenfalls bescheiden abgeschnitten hat. Macht nichts, es wird regiert wie bisher, und Jelzin denkt nicht daran zurückzutreten, was in jeder halbwegs entwickelten Demokratie sogar bei milderen Wahlergebnissen logisch wäre.

Und außerdem: Auch ein großer Sieg ist zu verzeichnen. Nicht gerade im riesigen Sibirien, da ging es übel aus. Aber im winzigen Tschetschenien entfielen auf Jelzins Mann 90 Prozent. Nur etwas störte dort. Granaten explodierten, und Maschinengewehre hämmerten.

Eine Minderheit der Nomenklatura, die ungerührt an der Regierung bleibt, und eine überwältigende Mehrheit, die unter Kriegsbedingungen gesichert wird - wenn das in Bonn. Paris und Washington als gefestigte Demokratie durchgeht, dann muß man sich im nachhinein noch fragen, warum sich die KPdSU einst mit Wahlen so schwer tat. Was der kranke Demokrat Jelzin kann, das hätte auch ein Breshnew im höchsten Stadium der Senilität gekonnt.

Nur honoriert hätte es ihm keiner. Denn Demokratie heißt im speziellen russischen Falle: Die Demokraten müssen herrschen. Unbedingt.

FRANK WEHNER

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -