US-Bomber töten immer mehr Zivilisten

Bisher schwerste Luftangriffe / Afghanistan droht verheerende Hungersnot

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Genau einen Monat nach den Terroranschlägen von New York und Washington haben die USA am Donnerstag die bisher schwersten Luftangriffe auf Ziele in Afghanistan geflogen. Dabei wurden nach Angaben der afghanischen Agentur AIP etwa 130 Zivilisten getötet - davon mehr als 100 in einem Ort in der Nähe von Jalalabad.
Washington/Islamabad (ND/Agenturen). Seit Beginn der Angriffe am Sonntag sind damit laut AIP etwa 200 Zivilisten den Bomben zum Opfer gefallen. Unabhängige Berichte zur Lage in Afghanistan, insbesondere zur Zahl von Todesopfern, gab es nach wie vor nicht. Die in Pakistan ansässige Agentur AIP berichtete unter Berufung auf Augenzeugen, der bei Jalalabad gelegene Ort Kurram sei in der Nacht zum Donnerstag dreimal bombardiert und dem Erdboden gleichgemacht worden. Nach Angaben des Taleban-Botschafters in Pakistan, Mullah Abdul Salam Saif, wurde bei den Angriffen auf Jalalabad auch eine Moschee getroffen, in der zehn Menschen gestorben seien. AIP berichtete, in der Taleban-Hochburg Kandahar seien mindestens 28 Zivilisten getötet worden, in der Hauptstadt Kabul 10. In Fernsehberichten war von Hunderten von Explosionen in Kabul die Rede. Es sollen eine Militärakademie in der Hauptstadt, ein militärisches Zentrum in Kandahar sowie eine Militärbasis in Shamshaad getroffen worden sein. Allerdings hätten die meisten der etwa 20 auf Kabul abgefeuerten Raketen ihre Ziele verfehlt, berichteten die Taleban. Nach CNN-Angaben setzt die US-Luftwaffe inzwischen auch die schwersten konventionellen Bomben in ihrem Arsenal ein - so genannte Bunker-Brecher. Am Donnerstag attackierten US-Kampfflugzeuge nach einem Bericht des arabischen TV-Senders Al-Dschasira erstmals tagsüber Ziele in Kabul. Am frühen Abend flogen Kampfjets laut AIP erneut Angriffe auf den Flughafen von Kabul. Die oppositionelle Nordallianz meldete die Einnahme der strategisch wichtigen Provinzhauptstadt Chakhcharan in Zentral-Afghanistan. Von Chakhcharan aus könnte die oppositionelle Miliz nach eigenen Angaben weiter Richtung Osten auf die Hauptstadt Kabul oder auf die südlich gelegenen Städte Herat und Kandahar vorrücken. Islamische Geistliche riefen in der afghanischen Provinz Baghlan zu einem »Heiligen Krieg« gegen die USA auf. Die Gelehrten sprachen laut AIP zu 5000 Teilnehmern einer anti-amerikanischen Demonstration in der Provinzhauptstadt Pul-e-Khumri. In der pakistanischen Stadt Quetta patrouillierten in Erwartung neuer anti-amerikanischer Proteste am Donnerstag Armee- und Paramilitäreinheiten. Dies berichteten Augenzeugen. Dort war es in den vergangenen Tagen zu den bislang gewalttätigsten Demonstrationen gegen die USA-Militärschläge in Afghanistan gekommen. Die USA haben nach eigenen Angaben am Mittwoch und Donnerstag auch Streubomben eingesetzt. Aus dem Verteidigungsministerium in Washington verlautete, die Streubomben und andere Bomben seien von Langstreckenbombern der Typen B-52 und B-1 auf Garnisonen, Einsatzleitstellen und andere militärische Ziele in den Räumen um die Hauptstadt Kabul und Kandahar abgeworfen worden. Terroristenführer Osama bin Laden hat den afghanischen Taleban nach Informationen der »Washington Post« in den vergangenen fünf Jahren schätzungsweise 100 Millionen Dollar in bar und als Militärhilfe zukommen lassen. Der US-Geheimdienst CIA schließe daraus, dass bin Laden maßgeblichen Einfluss auf die Taleban habe, so das Blatt am Donnerstag unter Berufung auf Regierungskreise. Dem Bericht zufolge wurde die Herkunft Dutzender Millionen Dollar nachvollzogen, die von bin Laden den Taleban zur Verfügung gestellt worden seien. Die Gelder stammten vor allem aus legalen und illegalen Geschäften bin Ladens sowie von Staaten und Unternehmen aus der Golfregion, die ihm Geld gezahlt hätten, damit er in diesen Ländern nicht aktiv werde. Andere Gelder stammten offenbar von Gruppen, die sich als Wohltätigkeitsorganisationen tarnten. In Afghanistan, wo der Winter vor der Tür steht, droht jetzt eine verheerende Hungersnot. Laut UNO-Angaben sind derzeit knapp 7,5 Millionen Afghanen auf Hilfe angewiesen.
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