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  • Politik
  • Vor 300 Jahren entstand die polnisch-sächsische Union

Als August den Conti schlug

  • Günter Vogler
  • Lesedauer: 5 Min.

Die sächsisch-polnische Union von 1697 war diese Woche Thema einer Konferenz in Dresden und Anlaß für eine in Warschau durch Polens Staatspräsident Kwasniewski und Bundespräsident Herzog eröffnete Ausstellung »Unter einer Krone«. Unser Autor skizziert den Hintergrund eines Jubiläums.

In seinem 1734 anonym in Amsterdam erschienenen Buch »La Saxe Galante« berichtet Carl Ludwig von Pöllnitz über Wahl und Krönung des sächsischen Kurfürsten Friedrich August I. zum polnischen König: »Nachdem der Kurfürst die Urkunde seiner Wahl erhalten hatte, reiste er nach Krakau, um sich mit königlicher Pracht krönen zu lassen. Die Gräfin von Esterle begleitete ihn auf dieser Reise. Das war für sie ein ebenso großer Triumph wie für ihren Geliebten die Krönung. Sie wohnte der Zeremonie auf einer eigens für sie in der Kirche errichteten Tribüne bei und erschien dort im funkelnden Glanz ihrer Juwelen. Als der König zum Altar schritt, richtete er die Augen auf seine Mätresse, als ob er ihr sagen wollte, daß er seine Gottheit eigentlich in ihr sehe. Die strenggläubigen Polen wa-

ren davon wenig erbaut und zweifelten an dem katholischen Glauben ihres neuen Königs.« Dieser Bericht widerspiegelt die Tendenz dieser Chronik höfischen Klatsches: Der Mätresse des Herrschers wird mehr Aufmerksamkeit geschenkt als den Motiven, die diese Zeremonie erst ermöglichten. Immerhin war mit der Wahl des Wettiners am 27 Juni 1697 als August II. zum polnischen König und seine Krönung am 15. September in Krakau eine Personalunion zwischen Polen und Sachsen, ein Bund zweier souveräner Staaten hergestellt worden.

Am 27. April 1694 war Prinz Friedrich August unerwartet die sächsische Kurwürde zugefallen, als sein Bruder Georg IV. bereits nach drei Herrschaftsjahren verstarb und keinen Erben hinterließ. Der neue Kurfürst war gewillt, ein starkes absolutistisches Regiment zu begründen.. Als mit dem Tod von König Jan III. Sobieski am 17 Juni 1696 der polnische Thron vakant wurde, bot eine Kandidatur dem sächsischen Kurfürsten die Möglichkeit, sich innen- und außenpolitisch größeren Spielraum zu schaffen.

Am polnischen Thron waren indes viele europäische Mächte interessiert: Wer Polen beherrschte, konnte Einfluß auf das politische Geschehen nicht nur in Mittelosteuropa nehmen. Deshalb präsentierten der Kaiser, Ludwig XIV und weitere europäische Herrscher ihre Kandidaten.

Die polnische Verfassung sah Königswahl vor und bot auch ausländischen Kandidaten eine Chance.

Um die Chancen für eine sächsische Kandidatur zu erkunden, reiste im April 1697 Jakob Heinrich von Flemming nach Warschau. Die Bedingungen lauteten: Konfessionswechsel und Geld. Die Konversion des Lutheraners zum katholischen Glauben erfolgte insgeheim am 2. Juni in Baden bei Wien; die benötigten Gelder beschaffte Friedrich August durch Anleihen, Verpfändungen und Veräußerung einiger Rechte und Ämter. Bei der Eröffnung des Wahlsejms am 15. Mai 1697 auf dem Wolaer Feld bei Warschau - dem traditionellen Wahlort - konnten sich nur noch wenige Kandidaten Hoffnungen machen. Bei einer Probeabstimmung am 26. Juni entschied sich eine Mehrheit für Francois Louis de Bourbon, Prince de Conti, eine Minderheit für den sächsischen Kurfürsten. Da die Unterlegenen das Ergebnis nicht anerkannten und der während des Interregnums die Geschäfte führende Kardinal-Primas Michal Radziejowski eine Doppelwahl vermeiden wollte, wurde dem Verlangen stattgegeben, die Wahl auf den nächsten Tag zu verschieben. Die antifranzösisch gesinnten Gesandten des Kaisers, Rußlands und Brandenburgs unterstützten den Wettiner, und dessen Vertreter gewannen in der Nacht mittels Beste-

chungsgeldern einen Teil der Szlachta, des polnischen niederen Adels. Der Wahlgang am 27 Juni endete dennoch mit einer Doppelwahl: Der französisch orientierte Kardinal-Primas rief Conti zum König aus, der Bischof von Kujawien erklärte wenig später Friedrich August zum Wahlsieger. Die Entscheidung zugunsten Augusts »des Starken« fiel mit seiner Krönung in Krakau; Conti traf erst am 25. September und damit zu spät in der Danziger Bucht ein.

In der Person des Kurfürsten-Königs waren seitdem Sachsen und Polen für sieben Jahrzehnte - mit einigen kurzzeitigen Unterbrechungen - verbunden. Was diese Union der jeweiligen Seite brachte, wurde von Zeitgenossen und Historikern unterschiedlich beurteilt. In Sachsen wurde Kritik laut angesichts der nach Polen fließenden Gelder und wegen des Konfessionswechsels des Landesherrn. In Polen hingegen befürchtete man absolutistische Herrschaft, was August indes nicht gelang. »Zwei so komplizierte staatlich unterschiedliche Gebilde wie Sachsen und Polen mit ihren politischen, sozialen, wirtschaftlichen und verfassungsrechtlichen Besonderheiten zu beherrschen und im Sinne des Absolutismus zu reformieren, hat der König zwar versucht, Teilerfolge auch errungen, aber seine Ziele nicht erreicht«, resümierte Karl Czok.

Die polnisch-sächsische Union der Jahre 1697 bis 1763 ermöglichte zweifellos, die seit langem zwischen beiden Staaten bestehenden wirtschaftlichen Beziehungen und den geistigen Austausch im Zeichen der frühen Aufklärung zu intensivieren, sie zeugt von Möglichkeiten, aber auch Grenzen politischer Unionen.

22. Juni 1527: Niccolo Machiavelli, italienischer Staatsmann und Geschichtsschreiber, in Florenz gestorben. Von den Medici der Teilnahme an einer Verschwörung beschuldigt und eingekerkert, verfaßte er nach seiner Freilassung sein berühmtes Werk »II Principe«, das an Lorenzo de Medici gerichtet war. Machiavelli äußerte hier seine Ansichten über die Befugnisse eines Fürsten, der keine Rücksichten auf Moral und Religion zu nehmen brauche, wenn er denn fremdländische Herrschaft abschüttele.

22. Juni 1767: Wilhelm von Humboldt, deutscher Gelehrter und Staatsmann, in Potsdam geboren. Der Freund Schillers und Goethes wurde Begründer der Berliner Universität. Besondere Verdienste erlangte er als Staatsreformer wie auch mit seinen Arbeiten zur vergleichenden Sprachforschung.

23. Juni 1757: Robert Clive siegt über Suradshah Daulah bei Plassy und leitet die britische Eroberung Indiens ein. ' 23. Juni 1812: Die französische Invasionsarmee unter Napoleon setzt in zwei Tagen mit einer halben Million Soldaten über den russischen Fluß Njemen. Mit dem Angriff auf Rußland läutet Napoleon selbst das Ende seiner Herrschaft ein. 25. Juni 1822: E. T A. Hoffmann, Dichter, Musiker, Zeichner und preußischer Kammergerichtsrat, in Berlin gestorben. Beliebtheit erfreuten sich vor allem seine Gespenster- und Spukgeschichten. Werke u.a.. »Die Elixiere' des Teufels«, »Lebenserinnerungen des Katers Murr«.

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