- Politik
- Jesuit im Widerstand: Pater Alfred Delp
Kritik an Nazis und Kirche
Auf Wunsch seines Provinzials, Pater Augustin Rösch, schloß sich Alfred Delp Ende 1941 der bürgerlich-sozialdemokratischen Widerstandsgruppe »Kreisauer Kreis« an. Dessen führender Kopf Helmuth James Graf von Moltke hatte um die Mitwirkung eines mit der katholischen Soziallehre vertrauten Theologen gebeten.
Delp, am 15. September 1907 als Sohn eines Angestellten in Mannheim geboren, nach dem Abitur 1926 als Novize in die Gesellschaft Jesu (Jesuitenorden) eingetreten, hatte 1938 die Priesterweihe erhalten. Ab 1939 arbeitete er in der Redaktion der »Stimmen der Zeit«, dem Blatt der deutschen Jesuiten, das 1941 verboten wurde. Für den »Kreisauer Kreis« lieferte Delp Entwürfe und programmatischen Dokumente zur Gestal-
tung Deutschlands, nach dem Sturz des Naziregimes, er stellte seine Wohnung in München für geheime Beratungen zur Verfügung und vermittelte weitere Kontakte zu Hitlergegnern aus Kreisen der katholischen Kirche.
Delp war nicht nur ein Gegner des Regimes, sondern forderte auch eine Umgestaltung der sozialen Verhältnisse im künftigen, von der Diktatur befreiten Deutschland, ohne dabei die kapitalistische Ordnung grundsätzlich in Frage zu stellen. »Das Schicksal jeder kommenden Neuordnung«, hieß es in einer Ausarbeitung von ihm, »ist abhängig davon, ob es endlich gelingt, den Arbeiter (nicht als Genossen und nicht als Volksgenossen) in die Gemeinschaft einzugliedern. Dies bedeutet eine wirtschaftliche, eine kulturelle und eine politische Aufgabe. Durch Stipendien, Fachschulen, ist dem befähigten Arbeiter der innerberufliche Aufstieg entsprechend seiner Begabung
zu sichern. Ebenso ist der Aufstieg befähigter Arbeiterkinder in die allgemein geistigen Berufe zu fördern.«
Am 28. Juli 1944 wurde Delp verhaftet, die Gestapo hatte seine Beziehungen zu einigen der Verschwörer vom 20. Juli 1944 aufgedeckt. In seinen während der Haftzeit angefertigten Niederschriften, die zumeist von dem evangelischen Gefängnispfarrer in Tegel, Harald' Poelchau, herausgeschmuggelt werden konnten, übte der mutige Pater auch heftige Kritik an der Kirche; er warf ihr vor, den Aufgaben der Zeit nicht gerecht zu werden: »Wir haben durch unsere Existenz den Menschen das Vertrauen zu uns genommen.« Die meisten Menschen erkennen, so schrieb er, »die Schlamperei und Sudelei, mit denen wir in der Kirche unsere >Funktionen< im weitesten Sinne des Wortes verrichten. Bürgersinn für grö-ßere Verantwortung starb und übrig blieb der bürgerliche Hunger und Durst nach
Wohlfahrt, Pflege, Ruhe, Bequemlichkeit, gesichertem Besitz. Die Rente, der Coupon, die stille Teilhaberschaft, die Zinshäuser: das waren und sind die Symbole und Ideale dieser Menschen geworden.« Delp verlangte von der Kirche, sich wieder den Menschen zuzuwenden, damit nicht »die heilsängstlichen oder pfarrerhörigen erschreckten Karikaturen« aus den Kirchen kommen, sondern von den »göttlichen Kräften erfüllte, schöpferische Menschen.«
Mit Nachdruck forderte Delp die Lösung der sozialen Frage: »Und solange Menschen hungern und ihnen das tägliche Brot etwas Unwahrscheinliches ist, solange wird man diesen Menschen sowohl das Reich Gottes als auch das irdische Reich vergebens predigen . Die christliche Idee ist keine der führenden und gestaltenden Ideen dieses Jahrhunderts. Immer noch liegt der ausgeplünderte Mensch am Weg.«
Vom 9 bis zum 11. Januar 1945 stand Delp zusammen mit Moltke und anderen wegen »Hochverrat« vor dem Freislerschen »Volksgerichtshof«. Das Gericht verurteilte auch ihn zum Tode. Am 2. Februar 1945 wurde Pater Alfred Delp in Plötzensee hingerichtet.
20. September 1857: Nach der blutigen Niederschlagung des gegen die britische Kolonialherrschaft ausgebrochenen Sepoy-Aufstandes gelingt den englischen Truppen die Wiedereroberung von Delhi.
22. September 1862: Erlaß der berühmten Sklavenbefreiungsproklamation von Lincoln. In ihr heißt es: »Ich, Abraham Lincoln, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, proklamiere und erkläre, daß am ersten Tag des Januar 1863 alle in Sklaverei gehaltenen Personen für alle Zukunft frei sein sollen.« Die Deklaration ist Anlaß für den Ausbruch des amerikanischen Bürgerkrieges, der bis 1865 währt.
22. September 1792: Der nach allgemeinem Wahlrecht in Paris einberufene Konvent ruft die Erste Republik aus; zuvor hat er die Absetzung des Königs verkündet. Damit beginnt die zweite Periode der Großen Französischen Revolution. Es wurde der republikanische Kalender eingeführt, der 1805 von Napoleon wieder durch den gregorianischen ersetzt wird.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.