Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Daran glaube ich

  • Brigitte Berendonk*
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Skandal um das Hormon-Doping im Spitzensport beruhigt sich nicht: Die Enthüllungen, Selbstbekenntnisse und die positiven Doping-Proben haben anscheinend auch einige jener Sportfreunde geschockt, die bislang »das alles« immer noch nicht wahrhaben wollten.

Wer noch an Olympia glaubt, muß jetzt endlich Flagge zeigen, muß das kompromißlerische Taktieren sein lassen, muß antreten zum Kampf gegen die Hydra des Dopings. Noch gibt es Hoffnung, daß der Sport nicht zu Tode manipuliert wird.

Ich jedenfalls kann noch nicht glauben, daß Sport- und Staatsführung weiterhin so tatenlos, achselzuckend, ja fördernd dem Buschfeuer des Dopings zusehen. Ich kann nicht glauben, daß Herr Daume und Minister Maihofer weiterhin ein System unterstützen, das talentierte Mädchen vor die Wahl stellt, entweder Anabolika zu nehmen und sich vermännlichen zu lassen oder mit dem Leistungssport aufzuhören. Ich kann nicht glauben, daß weiterhin aus Steuermitteln das Doping von Kindern und Frauen finanziert wird, daß Beamte und Angestellte des Staates erwiesenermaßen die Gesetze übertreten und Menschen gefährden dürfen. Ich kann nicht glauben, daß die beträchtlichen Kosten für die Doping-Präparate weiterhin von Sporthilfemitteln abgezweigt oder sogar von Ersatzkrankenkassen erstattet werden. Ich kann nicht glauben, daß in den Bonner

Ministerien weiterhin jene Schizophrenie anhält: daß das Innenministerium die Praktiken und Propagatoren des Hormon-Dopings bezahlt und deckt, während die Ministerien für Gesundheit und für Forschung die Risiken schädlicher Nebenwirkungen solcher Präparate für so bedenklich halten, daß sie entsprechende Forschungsprojekte fördern. An der Behandlung der Doping-Frage wird sich auch erweisen, inwieweit die geistige Substanz unseres Sports und unseres Staates bereits - ad majorem nationis gloriam - korrumpiert ist. Der Tempel des Sports - daran glaube ich - kann gesäubert werden: Aber erst muß wohl einmal die Herren Olympier der große Zorn packen, der ihnen die Kraft und die Ausdauer gibt, alle hinauszuprügeln: die Drogenhändler und Doping^ArztBi Vir rilisierer und Jugendverführer, die promovierten und nichtpromovierten Spritzenmephistos, die sich am Rande der Stadien breitgemacht haben: Wo ein Wille ist, da ist bestimmt auch ein Weg.

* Der Beitrag wurde am 13. November 1977 in der »Welt am Sonntag« veröffentlicht. Der darin von der ehemaligen Leichtathletin und heutigen Sportpädagogin Brigitte Berendonk, Autorin des Buches »Doping-Dokumente«, erhobene Vorwurf des Staats- und Kinderdopings, der Verwendung von Sporthilfsmitteln und der Beteiligung von Ersatzkrankenkassen an der Finanzierung von Dopingmitteln sowie der staatlichen Dopingforschung in der Bundesrepublik Deutschland hatte keinerlei juristische Folgen, so daß man davon ausgehen kann, daß sie damals wohl die Wahrheit geschrieben hat.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.