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Gebirgstruppe mit unseliger Tradition

Wie ein »Kameradenkreis e. V.« die Schneeberger Soldaten betreut Bundeswehr

  • Lesedauer: 2 Min.

Von Ulrich Sander

Daß an rechtsextremistischen und rassistischen Aktivitäten in der Bundeswehr immer wieder Gebirgsjäger beteiligt sind, ist kein Zufall. Denn im Kameradenkreis der Gebirgstruppe nistet alter Geist.

Die Schneeberger Gebirgsjäger stehen nicht allein. »Mit dem Hitlergruß und Sieg-Heil-Rufen haben sich sechs Gebirgsjäger auf den Weg in ihre Kaserne in Bad Reichenhall gemacht«, berichtete die »Augsburger Allgemeine« bereits am 18. Mai 1993. Im Intercity nach München riefen die Kameraden unterm Edelweiß noch andere NS-Parolen und schlugen auf einen behinderten ausländischen Mitreisenden ein und verletzten ihn. Die jetzt durch ihre menschenverachtenden Videoaufnahmen wiederholt ins Gerede gekommenen Angehörigen des GebJgBtl 571 in Schneeberg/Erzgebirge stehen also in einer unseligen Tradition, auf die sie allerdings zielgerichtet vorbereitet wurden.

Denn unter den Gebirgsjägern geben die Mitglieder des völkisch-reaktionären Kameradenkreises der Gebirgstruppe e.V., d.h. aus Bayern stammende Vorgesetzte und Offiziere - und damit indirekt Mitverantwortliche der Videos - den Ton an. Dem einflußreichen Kameradenkreis der Gebirgsjäger gehören rund 10 000 Wehrmachts- und SS-Veteranen sowie Bundeswehrsoldaten und -reservisten an.

Der oberste Gebirgsjäger, Generalmajor Rainer Jung, der sich bis zuletzt gegen die Umbenennung der Dietl-Kaserne in Füssen wehrte, hat den Kameradenkreis als »die Verbindung zwischen den aktiven und nichtaktiven Angehörigen der Gebirgstruppe« bezeichnet. In seiner Rede vor der Gebirgstruppe und dem Kameradenkreis im Mai dieses Jahres beim Pfingsttreffen auf dem Hohen Brendten bei Mittenwald würdigte General Jung die Gebirgsjäger, die heute »als unsere Truppe in Bosnien an erster Stelle« ihren Auftrag erfüllen und im Zweiten Weltkrieg sich »für das Vaterland geopfert« hätten.

Die »Niederlage« von 1945 sei »demütigend« gewesen, die Soldaten hätten ihre Pflicht getan und »womöglich« für eine falsche Sache Opfer erbracht. Die

Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht wurde von Jung kritisiert. »Bestimmte Leute stellen nicht die Wahrheit dar, weil sie sie nicht kennen und auch nicht kennen wollen.« Der General verwies auf die Aussagen der Spätheimkehrer aus der Sowjetunion von 1955 in Friedland, »daß wir nicht gemordet, nicht geschändet und nicht geplündert haben. Wenn wir Leid und Not über andere Menschen gebracht haben, so geschah es nach den Gesetzen des Krieges« (zitiert nach »Gebirgstruppe« Nr. 4, Aug. 1997).

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