Als der Hammer fiel, jubelte die Fehrbelliner 6
Pfefferwerker ersteigerten ehemals besetztes Haus Von Solveik Reimer
Auf der Immobilienauktion im edlen Palace-Hotel am Europacenter war am Dienstag abend der mit Spannung erwartete Versteigerungstermin für das Haus Fehrbelliner Straße 6 in Prenzlauer Berg.
Seit Jahren hatten sich die Bewohner des ehemals besetzten Hauses bemüht, ihr Wohn- und Kulturprojekt zu verwirklichen. Mittlerweile haben alle Bewohner ordentliche Mietverträge, und der eigens zur Verwirklichung des Kulturprojekts gegründete Theaterhof Fehre 6 e.V suchte Wege zur Übernahme des sanierungsbedürftigen, 1863 erbauten Hauses. Doch der Miteigentümer des unter Notverwaltung der WIP stehenden Objektes, die
Bundesrepublik Deutschland in Gestalt der Oberfinanzdirektion (OFD), zeigte kein Interesse an dem im Kiez unterstützten Projekt. Die OFD beauftragte ein Auktionshaus, das Objekt meistbietend zu veräußern.
Vergangene Woche machten die Bewohner unter dem Motto »Wer uns an Spekulanten verscherbelt, kommt selber untern Hammer« in einem »immobilen Adventskalender« deutlich, daß sie einen Hausverkauf nicht einfach hinnehmen werden (ND berichtete). Parallel dazu bemühten sie sich, einen gemeinnützigen Träger zu finden, der sich in ihrem Auftrag an der Auktion beteiligt, das Haus ersteigert und ihnen die Fortführung des Projektes ermöglicht. Mit der Pfefferwerk GmbH, die das benachbarte Kulturprojekt auf dem Pfefferberg betreibt, wurde ein Partner gefunden. Nach einer Fi-
nanzzusage der nach eigener Darstellung »sozial und ökologisch« orientierten Ökobank schien dieser Weg gangbar. Doch drei Tage vor dem Auktionstermin zog die Bank aus »Termingründen« ihre Finanzzusage zurück. Eine süddeutsche Großbank gab den Pfefferwerkern innerhalb 24 Stunden eine Finanzierungszusage.
Vor dem Eingang des »Palace« hatten sich Bewohner und Sympathisanten der Fehrbelliner 6' postiert, dazu zwei Mannschaftswagen der Polizei. Ein Sensenmann verteilte Flugblätter - potentiellen Anlegern wurde klar gemacht, daß an den Bewohnern kein Weg vorbeiführt. Vor dem Auktionsraum selbst mußte sich jeder Besucher einer Taschenkontrolle unterziehen, und wer nicht unbedingt nach Investor aussah, wurde der Zutritt verwehrt. Als die Fehrbelliner 6 zur Versteigerung aufgerufen wurde, blieben zum Erstaunen der Anwesenden - Tumulte aus. Für 425 000 DM wurde der Zuschlag erteilt. Da brachen über 50 Sympathisanten, die Zutritt erlangt hatten, in lautstarken Jubel aus. Der Vertreter des Pfefferwerkes hatte den Zuschlag erhalten. Am späten Abend feierten die Fehrbelliner, ihre Sympathisanten und die Pfefferwerker eine »Siegerparty«.
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