Mögliche Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit
Darüber hinaus wird das Konzept eines zusätzlichen öffentlichen Beschäftigungssektors vorgeschlagen. In ihm sollen gemeinwohlorientierte Arbeiten geleistet werden, für die es keine Marktnachfrage, wohl aber gesellschaftlichen Bedarf gibt. Finanziert werden soll er mit Hilfe eines zentralen »Fonds für gesellschaftliche Gemeinschaftsaufgaben«. Durch zusätzliche Steuereinnahmen sowie die Entlastung der Sozialversicherung und der Bundesanstalt für Arbeit entsteht zum Teil auch ein Selbstfinanzierungseffekt.
Der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik wird häufig unterstellt, sie würde eine grenzenlose Schuldenaufnahme zur Finanzierung ihrer Modelle befürworten. Sie verweist indes auf das Beispiel Englands, wo es gelang, mit einer überdurchschnittlichen Neuverschuldung einen außerordentlichen Wachstumsschub zu initiieren. In den Folgejahren konnte die Neuverschuldung gesenkt werden. Die Schuldenaufnahme soll auch nach Auffassung der Memorandum-Gruppe ein Übergangsphänomen bleiben, staatliche Daueraufgaben sollten nur über reguläre Steuereinnahmen finanziert werden.
Ein weiterer Ansatz für eine wirksame Beschäftigungspolitik bleibt die Arbeitszeitverkürzung, und zwar mit vollem Lohnausgleich. Letzterer ist gerechtfertigt, denn den zusätzlichen Wohlstand, der in den beiden letzten Jahrzehnten durch Produktivitätssteigerungen erwirtschaftet wurde, erhielten hauptsächlich die Bezieher von Unternehmensgewinnen und Vermögenseinkommen. Es existiert Spielraum für eine Teilkorrektur
Eingebettet in diese Vorschläge werden die Probleme Ostdeutschland abgehandelt. 1997 verzeichneten die neuen Bundesländern einen für die Arbeitsgruppe nicht unerwarteten Einschnitt. Zum erstenmal seit 1992 nahm das Bruttoinlandsprodukt weniger stark zu als in Westdeutschland, 1998 wird mit einer ähnlichen Entwicklung gerechnet. Die chronischen Strukturschwächen der ostdeutschen Wirtschaft werden weiter konserviert, ein überdurchschnittliches Wachstum der Arbeitslosigkeit, eine Zuspitzung sozialer und ökonomischer Konflikte in Ostdeutschland und eine weitere Entfremdung Ost-West sind programmiert.
Bei neuen Ansätzen zur Lösung der Probleme darf Ostdeutschland nicht als isolierte Wirtschaftsregion betrachtet, sondern muß stärker als bisher in gesamtdeutsche und -europäische Zusammenhänge gestellt werden. Von der Ablösung der Mark durch den Euro 1999 werden jene Regionen profitieren, die spezifische Vorteile zu bieten haben, mit denen die Wirtschaft in Ostdeutschland derzeit nicht ausgestattet ist. Anstelle einer undifferenzierten Wirtschafts- und Inyestitionsförderung ,sjnd, die, ,öffenfji 7 chen Mittel deshalb auf ausgewählte Technologien und Infrastrukturmaßnahmen zu konzentrieren. Mit beschäftigungsintensiven Pilotprojekten sollten Schritte in Richtung ökologischer Umbau der Wirtschaft unternommen werden. Die Mittel zur Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen sind aufzustocken, Risikokapital ist besonders zu fördern. Aus all diesen Gründen werden West-Ost-Transferleistungen noch für lange Zeit zumindest im bisherigen Umfang erforderlich bleiben.
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