- Politik
- Ida Baker erinnert sich an Katherine Mansfield
Frauenfreundschaft bis zur Selbstaufgabe
Das Dasein der Ida Baker war ein Dienst voller Aufopferung, Demut, Hilfsbereitschaft - für die Freundin, die sie von Anfang an, seit der Zeit am Queen's College 1903 bis 1906, für eine begnadete Künstlerin hält: Katherine Mansfield war gerade von Neuseeland her zur Ausbildung an die damals antiautoritäre Hochschule in London geschickt worden.
Ida teilt die Armut der werdenden Schriftstellerin, versucht, Geld aufzutreiben, leistet moralische Hilfe bei den Männer- und Frauengeschichten, bei den Schwangerschaften und vor allem bei der ständigen Wohnungssuche - immer unaufdringlich, bescheiden. Nie kritisiert sie die Launen oder auch die Arbeiten der geliebten Gefährtin. Meist nur, wenn sie gebeten wird, erscheint sie, um Katheri-
nes Kapricen zu ertragen, etwa nach der überstürzten Heirat mit George Bowden, den K. M. (so kürzein sie den Künstlernamen) schon in der Hochzeitsnacht verläßt, obwohl sie schwanger von ihm ist.
Angst und Verzweiflung, Veronalsucht und angestrengte Schreibversuche bestimmen das jugendliche Ungestüm der abenteuerlustigen, modisch exzentrischen Dichterin. Vor allem die abgedruckten Gedichte geben ein Bild von deren Schaffen, während ansonsten Ida Baker in ihren Memoiren kaum auf Arbeitsprozesse eingeht. Statt dessen betont sie »Katherines gefährliche Leidenschaft, das Leben in allen Dimensionen leben zu wollen« und gesteht: »Ich dagegen hat-
te mit ihr nicht Schritt gehalten und war zurückgeblieben ... Das Gefühl, nicht zu genügen, hat mich fast mein ganzes Leben lang verfolgt... Katherines Welt begann mir zu entgleiten.«
Doch Ida bleibt ihrer angebeteten Erzählerin treu bis in Krankheiten und Tod - über viele nervöse Reisen und Trennungen hinweg. Erst im Alter von 83 Jahren riskiert sie es, sich öffentlich und schriftlich an Katherine Mansfield zu erinnern. Georgina d'Angelo und der Verleger Peter Day haben ihr zur Seite gestanden. , Die Ausgabe, in der Edition Ebersbach ist sorgfältig mit vielen Schwarzweißfotos versehen. Vor allem der umfangreiche Anmerkungsapparat verweist auf die meisterhaften Stories von Katherine Mansfield, auf kreative Freundschaften wie die mit D.H. Lawrence, auf verlagstechnische Schwierigkeiten und Erfolge. Die sensible Übersetzerin Helen Stark-Towlson hat ein einfühlsames Vorwort geschrieben. Editorische Sorgfalt und Behutsamkeit lassen den widersprüchlichen Charakter einer großen Schriftstellerin anrührend erstehen.
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