Erfinder der chemischen Zeichensprache
Vor 150 Jahren starb der schwedische Naturforscher Jons Jacob Berzelius
Von Martin Koch
Wer heute für Wasser ganz selbstverständlich H 2 O schreibt, denkt kaum daran, daß diese und andere chemische Kürzel aus dem Bestreben heraus entstanden, die Chemie von den sprachlichen Fessem der Alchimie zu befreien. Den entscheidenden Schritt dazu tat der schwedische Chemiker Jons Jacob Berzelius. Er wurde am 20. August 1779 in Wäversunda in Ostgotland geboren, studierte von 1797 bis 1802 Medizin in Uppsala und war anschließend als unbesoldeter Adjunkt am Chirurgischen Institut in Stockholm tätig. 1807 übernahm er die Professur für Chemie und Pharmazie am neuerrichteten Karolinischen Medico-chirurgischen Institut in Stockholm. 1810 wurde er zum Präsidenten der Schwedischen Akademie der Wissenschaften ernannt. Geadelt und in den Freiherrnstand erhoben, starb er am 7. August 1848 als hochgeehrter Mann.
Unter Chemikern galt Berzelius als unumstrittene Autorität, da er die experimentellen Methoden ebenso virtuos beherrschte wie das Theorie. Die Liste seiner Entdeckungen ist lang. Bei Mineraluntersuchungen fand er 1803 das che-
mische Element Cer Aus dem Bleikammerschlamm der Schwefelsäurefabrik in Gripsholm isolierte er 1817 das Element Selen. 1829 entdeckte er in einem norwegischen Mineral das Element Thorium. Zusammen mit seinem Schüler N. G. Sefström fand er 1830 das Element Vanadium. Darüber hinaus gelang es ihm, die Elemente Silizium, Zirkonium, Titanium und Tantal darzustellen, deren Oxide bereits bekannt waren.
Als einer der ersten Naturforscher erkannte er die große Bedeutung der von John Dalton entworfenen Atomhypothese. Durch mehr als 2000 Analysen der Verbindungen von 43 Elementen bestätigte er die Gesetze der konstanten und multiplen Proportionen. Überdies berechnete er die (relativen) Atomgewichte von 45 Elementen, die er erstmals 1818 in einer Tabelle veröffentlichte.
Von besonderer Tragweite für die Entwicklung der Chemie aber war die von Berzelius geschaffene Zeichensprache, deren Grundlagen, wie eingangs erwähnt, bis heute gültig sind. Sie löste die umständliche Symbolik Daltons ab, die sich noch an alchimistische Zeichen anlehnte. Die Elemente symbolisierte Berzelius durch die Anfangsbuchstaben ihrer lateinischen Namen, zum Beispiel S für Sulfur (Schwefel). Hatten Elemente den
gleichen Anfangsbuchstaben, fügte er bei einem Element den zweiten Buchstaben hinzu: C für Carbo (Kohlenstoff) bzw Cu für Cuprum (Kupfer). Wenn die zweiten Buchstaben ebenfalls identisch waren, folgte auf den Anfangsbuchstaben der erste nicht gemeinsame Konsonant: Sn für Stannium (Zinn) bzw Sb für Stibium (Antimon). Seine Formeln seien dazu bestimmt, schrieb er 1815, »den Ausdruck der chemischen Verbindungsverhältnisse zu erleichtern«. Stellte er Sauerstoff zunächst durch Punkte dar ( £ ), wurden diese später dur.ch tiefgestellte Zahlen ersetzt (CO 2 ). Damit konnte das numerische Resultat einer Analyse ebenso einfach ausgedrückt werden, wie es in der Mechanik mittels algebraischer Formeln geschah.
Neben 250 Arbeiten veröffentlichte Berzelius auch ein mehrbändiges Lehrbuch der Chemie, das in zahlreichen Auflagen sowie in deutscher und französischer Übersetzung erschien. Ab 1821 gab er regelmäßig die Jahresberichte über die Fortschritte der Chemie heraus. Sie waren lange die wichtigste überregionale Zeitschrift für Chemie und hatten entscheidenden Einfluß auf die Herausbildung einer einheitlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung.
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