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Streit um Fisch wie bei Asterix

Wirtschaftsminister Döring bis auf die Gräten blamiert Von Martin Hoxtermann

  • Lesedauer: 3 Min.

In jedem Asterixband haut Fischhändler Verleihnix dem Schmied Automatix eins über die Rübe, weil dieser behauptet, sein Fisch stinke. Die Prügelei ist fester Bestandteil des Comicstrips über die Gallier der Römerzeit, in dem es recht handfest zur Sache geht. Offenbar haben sich die Zeiten nicht sonderlich geändert. Um stinkenden Fisch wurde nämlich jüngst auch in Baden-Württemberg kräftig gestritten. An vorderster Front dabei Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP). Und wie zu Asterix' Zeiten schaute man im ganzen Ländle amüsiert zu.

Was war passiert?

Beamte des Stuttgarter Wirtschaftskontrolldienstes (WKD) hatten Anfang Oktober auf dem Cannstatter Volksfest bei einem Händler 30 Kilogramm Fisch

entdeckt, der ohne Kühlung gelagert wurde. Ein Verstoß gegen Hygiene Verordnung und .Polizeigesetz. Der Händler wurde aufgefordert, die verdorbene Ware aus dem Verkehr zu ziehen. Doch wie Verleihnix im Asterix-Band war auch dieser Fischhändler uneinsichtig. Als er nach drei Tagen und mehrmaliger Ermahnung die ungenießbaren Meerestiere noch immer nicht beseitigt hatte, Übergossen sie die WKD-Beamten kurzerhand mit Reinigungsmittel, um ihren Verzehr zu verhindern. Eine Amtshandlung mit Folgen, denn plötzlich bezogen sie Prügel. Der Händler bot seine verdorbenen Lebensmittel nämlich ausgerechnet im Zelt des Präsidenten des Schaustellerverbandes, Walter Weitmann, an. Und der hatte beste Beziehungen zu Wirtschaftsminister Döring, der mit Weitmanns Tochter Sabine liiert ist. Also führte Weitmann Beschwerde bei Döring über das schlechte Benehmen der WKD-Beamten. Und Dö-

ring wiederum wurde - mit Minister-Briefkopf - beim Stuttgarter Polizeipräsidenten Volker Haas vorstellig, um zu prüfen, nach welchen Paragraphen hier vorgegangen worden sei. Der stinkende Fisch war plötzlich Chefsache.

Der Polizeipräsident klärte den Minister auf, daß das Ungenießbarmachen verdorbener Waren durchaus üblich sei und der geltenden Rechtslage entspräche. Döring mußte sich geschlagen geben.

Doch da hatten schon Medien und politische Opposition von der unappetitlichen Sache Wind bekommen und traten kampfeslustig in den Ring, um ihrerseits auf Döring einzudreschen. »Vetterleswirtschaft« hallte es durch die Gazetten: Hier mißbraucht einer sein Ministeramt für private Freundschaftsdienste, da stinke nicht nur der Fisch zum Himmel... Döring habe sich »bis auf die Gräten blamiert«, höhnten die Stuttgarter Grünen. Der Minister wolle lieber einen Fischhändler vor dem Kontrolldienst schützen als die Verbraucher »vor laxem Umgang mit Lachsersatz«.

Die Gallier trafen sich nach jedem überstandenen Abenteuer zum feudalen Mahl auf dem Dorfmarktplatz, und da stand der Fisch immer mit auf dem Tisch. Baden-Württembergs Wirtschaftsminister dürfte jedoch der Appetit auf Meerestiere gründlich vergangen sein.

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