In Luxemburg haben fast 57 Prozent der Wahlberechtigten die EU-Verfassung in einem Referendum angenommen. Das Ergebnis ist jedoch knapper als erwartet.
Ende Juni hatte das Parlament die EU-Verfassung mit 100 Prozent der anwesenden Abgeordneten ratifiziert. Doch am Sonntag wurde deutlich, dass ein Großteil der Wahlbürger anderer Meinung ist: Nur 56,5 Prozent der Luxemburger stimmten für das umstrittene Vertragswerk. Bemerkenswert ist, dass die Parteien und Vereinigungen, die zu einem Nein aufgerufen hatten, bei den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr zusammen nur 13 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnten. Demzufolge haben viele Wähler die Meinung der Regierungskoalition von Christlich-Sozialen Volkspartei CSV und sozialdemokratischer LSAP schlicht abgelehnt. »Das Ergebnis ist eine deutliche Abfuhr für die EU-Bonzen und die Nomenklatura, die in den letzten zwei Wochen versucht hatten, die Gegner des Verfassungsvertrages regelrecht platt zu machen«, sagte Ali Ruckert, Vorsitzender der Kommunistischen Partei, gegenüber ND.
Nachdem Premier Jean-Claude Juncker am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft an Tony Blair übergeben hatte, schaltet er sich unverzüglich in den Referendums-Wahlkampf ein. Als guter Taktiker hat er jedoch nicht mehr seine Entscheidung, im Falle eines mehrheitlichen Nein vom Posten des Regierungschefs zurückzutreten, in den Vordergrund gestellt. Vielmehr setzte er alles daran, den rund 222688 Wahlberechtigten einzureden, dass nur ein Ja gut für Luxemburg und den Platz des Landes in der neuen EU sein könne. Dabei unterliefen ihm jedoch auch Fehler. So versuchte er den Vorwurf der Verfassungsgegner, dass die Verfassung eine Militarisierung der EU forciere, mit persönlichen Argumenten zu begegnen. Er, Juncker, sei Kriegsgegner, denn schließlich habe er seinen Vater und dessen Brüder noch aus dem Zweiten Weltkrieg heimkehren sehen. Dabei muss er vergessen haben, dass er erst im Jahre 1954 geboren wurde.
Das Referendum hat in jedem Fall dazu geführt, dass die politischen Karten im kleinen Luxemburg nunmehr neu gemischt werden müssen. Und es sollte auch den EU-Politikern in Brüssel zu denken geben.
Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen.
Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf
www.dasnd.de/genossenschaft