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Pfarrer am Kreuz

weiter Kirche Dietrich Kuessner warb mit Schwulen-Plakat für PDS Von Reimar Paul, Göttingen

  • Lesedauer: 2 Min.

Ein mutmaßlich homosexueller Pfarrer, der mit der PDS sympathisiert und sich noch nicht einmal reuig zeigt- das ist eindeutig zuviel des Guten für noch so tolerante Kirchenobere.

Die gemeinsame Disziplinarkammer der evangelisch-lutherischen Landeskirchen Hannover und Braunschweig bestätigte jetzt das Dienstverbot für den Gemeindepastor Dietrich Kuessner aus dem niedersächsischen Offleben. Die Kammer, der drei Juristen und zwei Geistliche angehören, sah den hinreichenden Verdacht einer schweren Amtspflichtverletzung gegeben.

Weil er im Bundestagswahlkampf als parteiloser Kandidat für die PDS unter anderem mit einem Plakat geworben hatte, das zwei kopulierende Männer zeigt, war Kuessner am 6. Oktober vergangenen Jahres von der Leitung der braunschweigischen Landeskirche vorläufig vom Dienst suspendiert worden. Gleichzeitig leitete die Kirche ein Disziplinarverfahren ein. In dem Fall gehe es um die Würde und Bedeutung des Pfarramtes, begründete Landesbischof Christian Krause seinerzeit die Maßnahmen.

Politisch aufgestoßen war der Kirchenhierarchie aber vor allem Kuessners Kandidatur für die demokratischen Sozialisten. Nach Meinung des Pfarrers, der in seiner Heimatgemeinde zweiter stellvertretender Bürgermeister für die Unabhängige Wählergemeinschaft ist, selbst aber keiner Partei angehört, fehlt in Deutschland »eine normale, demokratische Partei links neben der SPD«. Seine - aussichtslose - Kandidatur verstand Kuessner als »Gesprächsangebot« und als »Versuch, NichtWähler anzusprechen«. Bischof Krause hatte die Bewerbung Kuessners als »abwegig« bezeichnet, »wenn man an die Repressionen der SED gegenüber der Kirche in der DDR« denke. Außerdem werde dadurch der »Identitätswert konterkariert«, den die evangelische Kirche für die Menschen in Ostdeutschland habe.

Ein schon vor der Bundestagswahl angestrengtes Strafverfahren gegen Kuessner wurde mittlerweile gegen eine Zahlung von 500 Mark eingestellt. Die Ermittlungsbehörde hatte die erwähnten Plakate beschlagnahmt und zunächst wegen Verbreitung von Pornographie ermittelt. Übriggeblieben ist davon lediglich der Vorwurf eines »geringen Verschuldens« beim Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz. Die 500 Mark hat Kuessner an eine Aids-Hilfe-Initiative überwiesen.

Auch als Kirchenparlamentarier darf Dietrich Kuessner inzwischen wieder wirken. Einen anderslautenden Beschluß der braunschweigischen Landessynode hat der Rechtshof der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen aus formalen Gründen wieder kassiert.

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