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Ignatz Bubis tot

Trauer um den Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland

  • Lesedauer: 2 Min.

New York/Frankfurt (Main) (dpa/ND). Ignatz Bubis, der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland und Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses in Paris, ist am Freitag nach kurzer Krankheit gestorben. Das teilten der Zentralrat der Juden in Frankfurt (Main) und der Jüdische Weltkongress in New York am Freitagabend mit. Nähere Angaben über die Umstände gab es zunächst nicht. Nach Angaben des israelischen Rundfunks wird Bubis am Sonntag in Israel begraben.

Erste Reaktionen waren gezeichnet von Trauer und Bestürzung. Der Weltkongress in New York bezeichnete Bubis wie auch der Europäische Jüdische Kongreß als einen großen Führer der Juden, Staatsmann und in aller Welt geschätzten

Menschen. Der 72-Jährige war 1992 als Nachfolger von Heinz Galinski an die Spitze des Zentralrates der Juden in Deutschland gewählt worden. Zum Ende seiner Amtszeit zeigte sich Bubis jüngst jedoch unzufrieden mit seiner Arbeit. Er habe fast nichts bewirkt, zog er bitter Bilanz. Jüdische und nicht-jüdische Deutsche seien einander fremd geblieben. Bubis hatte deshalb eine erneute Kandidatur zum Präsidenten in Frage gestellt.

Immer wieder mischte sich Bubis in die öffentliche Diskussion ein und forderte Widerspruch heraus. Er trat dafür ein, gegen rechtsradikale Gewalttäter hart vorzugehen und den ursprünglichen, 1992 geänderten Asylartikel im Grundgesetz beizubehalten. 1969 war Bubis in die FDP eingetreten und rückte in den hessischen Landesvorstand auf. Seit 1983 war er Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt, die mit rund 6000 Mitgliedern zweitgrößte deutsche Gemeinde nach Berlin. Wegen des Handels mit Immobilien zog er sich Anfang der 70-er Jahre, als die APO-Generation um besetzte Häuser im Frankfurter Westendviertel kämpfte, den Ruf eines »skrupellosen Spekulanten« zu.

Der 1927 im schlesischen Breslau geborene Beamtensohn war von Haus aus Kaufmann. Er überlebte den Holocaust, sein Vater und zwei Geschwister wurden von den Nazis umgebracht. »Dass ich noch lebe, ist ein Zufall«, so Bubis einmal.

Nach Annahme des Ehrenamts als Zentralratsvorsitzender wurde Bubis als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten gehandelt. Er reagierte zurückhaltend: »Ich glaube nicht, dass die Bundesrepublik Deutschland reif ist für eine solche Entscheidung, nämlich dass ein Jude ... Bundespräsident werden sollte.«

ND-Foto: B. Lange

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