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  • Politik
  • Ursula Böttchers berühmte Eisbären-Dressur des ehemaligen Staatszirkus der DDR zerstört

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  • Hans-Jürgen Neßnau
  • Lesedauer: 4 Min.

Handstreich« im Zirkusmilieu. Das Objekt der Begierde: fünf Eisbären im Alter zwischen zehn und fünfzehn Jahren. Betroffen sind - neben den zahlreichen Zirkus-Freunden - Ursula Böttcher, die weltberühmte Dompteurin vom früheren Staatszirkus der DDR und ihr Cheftierpfleger Joachim Krebs. Seit 1955 steht die mutige Frau nun »im (Zirkus-)Ring«. Seit 1962 gilt ihre Liebe insbesondere den Eisbären. Zwanzig Jahre werden diese imposanten Tiere durchschnittlich, bei bester Pflege, im Zoo alt. Im Zirkus, bei intensivem »Arbeits-Kontakt«, gar -30 Jahre. (In freier Wildbahn

am Nordpol liegt die durchschnittliche Lebenserwartung der infektionsbedrohten Tiere lediglich zwischen zehn und vierzehn Jahren.) Das Markenzeichen des früheren Staatszirkus der DDR, die einzigartige Eisbärengruppe von Ursula Böttcher, wurde vor wenigen Tagen »abgewickelt«“

Die Eisbärendressur gehört der Berliner Circus Union GmbH i.L. (BCU), dem Rechtsnachfolger des Staatszirkus der DDR. Alleiniger Gesellschafter ist die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS). In den vergangenen Jahren gastierte Ursula Böttcher mit ihren fünf Eisbären - die weltweit letzte Eisbären-Zirkus-Gruppe - in den USA, in Japan und in zahlreichen Ländern Europas. In diesem Jahr war sie mit dem Cirkus

Busch-Roland auf Tournee. Angebote hat die agile 71-Jährige noch für fünf Jahre. Doch für die BCU wurde 1992 die Liquidation eröffnet, der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Kurt-Christian Knischewski von der BvS Ende 1998 zum Liquidator bestellt. Ein Investor, der das wirtschaftliche Risiko für den Zirkus oder auch nur Teile davon, wie z.B. die Eisbärengruppe, übernommen und zugleich die Auflagen der Artenschutzbehörden erfüllt hätte, sei nicht gefunden worden, teilte Knischewski mit. Ein Safaripark in Spanien zeigte schließlich Interesse. Das Konzept sah vor, alle Tiere zu übernehmen und Ursula Böttcher beratend am Bau der Gehege mitwirken zu lassen. Das hätte sie kostenlos gemacht, sagte sie dem ND Die Tiere sollten dort zusammen bleiben, mit dem Chef-Tierpfleger, der z.B. ihre Fressgewohnheiten bestens kennt. Ausschließlich im Interesse der Tiere ist dann eine Einigung zwischen dem Cirkus Busch-Roland, bei dem Frau Böttcher bis Ende 1999 mit Verlängerungsklausel unter Vertrag steht, und der BCU über die »vorzeitige Rückführung der Eisbärendres-

sur« erzielt worden. In Spanien wurden umfangreiche Vorbereitungsarbeiten eingeleitet.

Doch am 6. September wurde Ursula Böttcher in das Büro des Liquidators bestellt. Sie erfuhr, das Projekt Spanien stehe nicht mehr zur Diskussion. Die Bärengruppe werde auf verschiedene Zoos aufgeteilt. Am nächsten Tag, früh um 7 Uhr, standen bereits Fahrzeuge bereit, um drei Bären abzuholen. Chefpfleger Krebs weigerte sich, beim Verladen mitzumachen, und wurde entlassen. Böttcher: »Das Ganze wurde vorbereitet von Lydia Klös, Beraterin des Liquidators, Schwiegertochter des früheren Berliner Zoodirektors und heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden von Zoo und Tierpark, Prof. Heinz-Georg Klös. Ihr Ehemann ist ebenfalls in leitender Position im Berliner Zoo tätig. Interessanterweise gingen das zuchtfähige Bärenweibchen Maika - und bereits vor einiger Zeit Toska - an den Berliner Zoo.«

Die unter strengstem Artenschutz stehenden Tiere sind unbezahlbar. Die zehnjährigen Tromsö und Olaf erhielt der Zoo in Strasbourg. Und das, obwohl mitt-

lerweile auch der international bekannte französische Zirkus Medrano sich bereit erklärt hatte, die Gruppe geschlossen mit dem Personal zu übernehmen. Ebenso Krone in München zeigte Interesse. Zwei Eisbären befinden sich noch im Quartier in Hoppegarten.

In der Zerschlagung der letzten international bekannten und gefragten Dressur des ehemaligen Staatszirkus der DDR sieht Roland Weise, Gründer des ersten Internationalen Artistenmuseums

Deutschlands in Klosterfelde, neben den wirtschaftlichen Interessen auch einen politischen Hintergrund. Verschwinden die Tiere einzeln in Zoos, erinnert nichts mehr an ihre glanzvolle Vergangenheit in den Manegen der Welt. Drei Privatisierungskonzepte der Geschäftsleitung habe es gegeben, so Gerhard Klauß, ehemaliger Generaldirektor des Staatszirkus. Das erste wurde von der Treuhand nicht zur Kenntnis genommen. Das zweite scheiterte am fehlenden Grundstück, und das dritte erklärte Knischewski für untauglich. Danach wurde er Liquidator. Sein Gegengutachten wird bis heute geheim gehalten.

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