Keinen neuen Mietvertrag akzeptieren

  • Lesedauer: 3 Min.
Wir haben einen neuen Hauseigentümer, der den Mietern neue Mietverträge vorgelegt hat, die sie unterschreiben sollen. Wie ist die Rechtslage?
Irena K., Berlin

Das gesetzliche Mietrecht schützt Mieter davor, bei einem Eigentümerwechsel einen neuen (und vermutlich für sie schlechteren) Mietvertrag abschließen zu müssen. Es gilt der Grundsatz: »Kauf bricht nicht Miete«. Ein neuer Eigentümer tritt in alle Rechte und Pflichten ein, die sich aus den bisherigen schriftlich oder mündlich vereinbarten Mietverträgen ergeben (§ 566 BGB).
Die Vereinbarung eines neuen Mietvertrages kann bei dieser Sachlage auch nicht erzwungen werden. Wenn solche Forderungen gestellt werden sollten, können Mieter das ohne weiteres ablehnen. Das ist die vernünftigste, und sicherste Reaktion darauf. Wer sich dennoch gedrängt fühlt und einem Streit ausweichen und der Forderung nachgeben möchte, sollte wenigstens nicht blindlings einen neuen Vertrag unterschreiben.
In solchem Fall sollte der Inhalt des bisherigen Mietvertrages sehr genau mit dem neuen Vertragstext verglichen werden. Welche Regelungen (in der Fachsprache nennt man sie Klauseln) erscheinen neu und können im Verhältnis zum alten Vertrag nachteilig sein? Ein so geforderter Mieter kann allerdings überfordert sein. Wir raten dazu, durch den Mieterverein oder durch einen im Mietrecht versierten Anwalt diese Prüfung vornehmen zu lassen.
So können erhebliche Nachteile erkannt werden, die z. B. darin bestehen können, dass das bisherige Mietverhältnis völlig untergeht, weil es keine Erwähnung mehr findet (seit wann besteht es?). Die neue Kündigungsfrist von drei Monaten bei einem unbefristeten Mietverhältnis kann gegenüber vorher vereinbarten Kündigungsfristen oder bei DDR-Mietverträgen länger sein.
Hier eine Aufzählung von weiteren möglichen Nachteilen für Mieter: Der neue Vertrag könnte vorsehen, dass für eine bestimmte Zeit, längstens bis zu drei Jahren, nicht gekündigt werden darf, oder er enthält eine befristete Mietzeit (befristetes Mietverhältnis). Es kann auch sein, dass die genaue Wohnfläche nicht angegeben wird, sondern nur eine »cirka Wohnfläche.« Oder statt der bisherigen ortsüblichen Vergleichsmiete soll es künftig eine Staffelmiete oder eine Indexmiete sein, was Mieter meistens benachteiligt.
War bisher noch der Vermieter zu Schönheitsreparaturen verpflichtet, was es bei manchen alten Mietverträgen noch geben kann, soll nun der Mieter dafür zuständig und zahlungspflichtig sein. Die Frage ist auch, ob es bei der bisherigen Miethöhe bleibt oder nun mehr verlangt wird. Oder wird vom bisherigen Mieter sogar eine Mietkaution verlangt? Wird die Tierhaltung verboten? Wird die Benutzung von Gemeinschaftseinrichtungen eingeschränkt, wird z. B. das jahrelang geduldete Abstellen von Kraftfahrzeugen auf dem Grundstück nun nicht mehr erlaubt? Sollen Mieter jetzt Kosten für Bagatellreparaturen selbst übernehmen? Oder wird die bisher von Mietern ausgeübte Hausreinigung nun von einer Firma vorgenommen, die von den Mietern zu bezahlen ist?
Diese Aufzählung von Verschlechterungen gegenüber dem bisherigen Mietvertrag ist nicht einmal vollständig. Allein deshalb raten wir, das gesetzliche Recht wahrzunehmen und einen neuen Mietvertrag abzulehnen.

Dr. jur. HEINZ KUSCHEL

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