Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

mMimu Griechische »Panzerlücke«

Neuer Rüstungswettlauf in der Ägäis, wenn Ankara deutsche Panzer bekommt Von Gerhard Piper

  • Lesedauer: 3 Min.

Weder im Bundestag noch in der übrigen deutschen Panzerdebatte wurde bisher bedacht, dass mit der Lieferung deutscher Leopard 2 auch ein neuer Rüstungswettlauf zwischen der Türkei und Griechenland ausgelöst wird.

Dem Muster-Leopard II nach Ankara könnten viele folgen - auch einige hundert nach Athen Foto: dpa

Seit Jahrzehnten belauern sich Griechen und Türken in der Ägäis. Die militärpolitischen Spannungen zwischen beiden NATO-Partnern führten bereits 1974 zum Krieg um Zypern. Erst im letzten Jahr wäre ein Streit über die damals beabsichtigte Stationierung von russischen Flugabwehr-Raketen auf Zypern beinahe zum Krieg eskaliert.

Im Rüstungswettlauf konnte sich die Türkei bis heute einen Vorsprung sichern: Den 639 000 türkischen Soldaten stehen nur 165 670 Griechen gegenüber. Während die Macht am Bosporus über 4205 Kampfpanzer verfügt, darunter 397 deutsche Leopard 1, besitzt Griechenland bloß 1735 Kampfpanzer verschiedener Typen, darunter 352 Leopard 1.

Dieses Kräfteungleichgewicht würde sich in Zukunft noch weiter verschärfen, wenn Ankara 1000 neue Panzer importiert. Zur Auswahl stehen mehrere Modelle, die demnächst einem Leistungsvergleich unterzogen werden sollen: Der deutsche Leopard 2 A5, der amerikanische M-l Abrams, der britische Challenger 2, der französische Leclerc und der russische T-80. Der deutsche Rüstungskonzern Krauss-Maffei hat schon seit 1996 mit einer Lieferung seiner Leopard 2 an die Türkei geliebäugelt, während die Maschinen-Turbinen-Union in Friedrichshafen gerne für das britische Modell die Motoren herstellen würden.

Die Regierung in Athen fürchtet nun eine neue Panzerlücke. Um dieser Bedrohung zu begegnen, plant sie den Kauf von immerhin 540 neuen Kampfpanzern. Wen wundert es, dass auch hier schon be-

kannte Typen zur Auswahl stehen: Der deutsche Leopard 2 A5, der amerikanische M-l Abrams, der britische Challenger 2, der französische Leclerc und der russische T-80. Bereits auf der Rüstungsmesse Defendory International Exhibition im Oktober letzten Jahres in Piräus konnte der deutsche Panzerhersteller Krauss-Maffei ein Ansichtsexemplar des Leopard 2 A5 im Glanz der Scheinwerfer präsentieren. Für einen Schießwettbewerb gegen die Konkurrenzmodelle auf dem griechischen Truppenübungsplatz Lithoron stellte die Bundeswehr wochenlang mehrere Soldaten unter dem Befehl von Oberstleutnant Hartmut Schlosser ab. Dies hätte die rot-grüne Bundesregierung gleich zu Beginn ihrer Amtszeit unterbinden können.

Es wäre interessant zu erfahren, welches Modell beim damaligen Schießwettbewerb gesiegt hat. Da die türkischen Streitkräfte nun genau die gleichen Panzer testen wollen, bleibt abzuwarten, ob diesmal derselbe Typ gewinnen wird. Dann könnte der Panzerlieferant im Rüstungswettlauf mit sich selbst in Drachmen und in Lire gleich doppelt abkassieren. Natürlich können die Türken nicht einfach beim Erbfeind in Athen anrufen und sich die griechischen Testergebnisse telefonisch durchgeben lassen. Vertrauen ist schließlich gut, aber Kontrolle besser, sagt man.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.