Mitarbeiter-Protest gegen den Konkurs der Philipp Holzmann AG in Frankfurt (Main). Den Beschäftigten steht ein harter Winter bevoV Fotos: dpa/Reuters
Von Jan-Cesar Woicke
Einer der größten deutschen Baukonzerne, die Philipp Holzmann AG, steht vor dem Aus. 28000 Beschäftigten, davon 18000 in Deutschland, droht der Verlust ihres Arbeitsplatzes.
Die Stimmung der »Holzmänner«, die von einem Tag auf den anderen quasi arbeitslos geworden sind, ist »mehr als mies«, brachte gestern ein Berliner Maurer im Rohbau eines Wohn- und Geschäftshauses am Brandenburger Tor die Gefühle seiner Kollegen auf den Punkt. Vor der Konzernzentrale in Frankfurt (Main) drohte die Lage zu-eskalieren, als wütende Bauarbeiter im Eingangsbereich mit ihren Fäusten gegen die Scheiben trommelten und forderten: »Wir wollen rein!«
Nachdem sich die Gläubigerbanken des Traditionsunternehmens in einem 14stündigen Sitzungsmarathon nicht auf ein Sanierungskonzept einigen konnten, hatte Vorstandschef Heinrich Binder am Mon-
tag die Einleitung eines Insolvenzverfahrens angekündigt. Nach Angaben der Holzmann AG muss das gerichtliche Konkursverfahren spätestens im Laufe des heutigen Tages eingeleitet werden. Das Unternehmen könne auch in der Insolvenz weitergeführt werden, erklärte Vorstandschef Heinrich Binder gegenüber Journalisten.-Es sei jedoch nicht in der Lage, Gehälter an seine Mitarbeiter zu bezahlen. Unterdessen teilten die Walter Bau AG und die Hochtief AG mit, sie hätten kein Interesse an einer Übernahme des Konkurrenten.
Die Beschäftigten wollen mit einer bundesweiten Protestwelle das drohende Aus ihrer Firma in letzter Sekunde verhindern. Betriebsrats-Vorsitzender Jürgen Mahnecke kündigte an, dass so lange gestreikt werde, bis sich die Gläubigerbanken auf die Rettung des Konzerns verständigt hätten. Gestreikt werden solle in allen Städten Deutschlands, in denen Holzmann Filialen oder Baustellen hat. Auf zahlreichen kleineren Baustellen wurde gestern bereits die Arbeit eingestellt. Vielerorts wurden Wachdienste eingesetzt, um als Subunternehmer beschäf-
tigte Handwerker und Lieferanten daran zu hindern, schnell noch Material von den Baustellen zu holen.
Gegenüber dem »Hessischen Rundfunk« sprach Mahnecke von einem »abgekarteten Spiel«, um einen lästigen Konkurrenten loszuwerden. Angesichts der nötigen Drei-Milliarden-Mark-Finanzspritze zur vollständigen Sanierung des Bauriesen, sei das Geschachere »um nur ein paar Hundert Millionen Mark« unverständlich. Er wolle »die Geldinstitute, die da mitgemacht haben«, jedoch nicht nennen. Gewerkschaften und Politik reagierten gestern ratlos auf die Hiobsbotschaft. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) forderte die Kreditinstitute - an der Spitze die Deutsche Bank auf, den Konzern zu retten.
Das Holzmann-Fundament stand in seiner 150-jährigen Geschichte mehrmals auf wackeligem Boden. Stets konnte sich Holzmann jedoch vor dem Zusammenbruch retten. Speziell in Ostdeutschland galt das Unternehmen als Totengräber vieler kleinerer Subunternehmen, deren Rechnungen der Konzern nicht beglich. ' Seite 2
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.