Sicheres Stadionerlebnis?
Zweitligist 1. FC Union Berlin lehnt als erster Klub öffentlich das Konzeptpapier der Deutschen Fußball-Liga ab
Der 1. FC Union Berlin hat in den vergangenen beiden Tagen viel Post bekommen. Am Dienstagabend überraschte der Zweitligist mit einer öffentlichen Positionierung zum 32-seitigen Konzeptpapier der Deutschen Fußball Liga (DFL) »Sicheres Stadionerlebnis«, das allen 36 Vereinen der 1. und 2. Bundesliga im September vom Verband zur Diskussion vorgelegt wurde. Nach intensiver Diskussion mit seinen Fans wählte der Klub aus Köpenick deutliche Worte. Es wird »in seiner Gesamtheit grundsätzlich als nicht akzeptabel« gewertet und somit abgelehnt.
Das Echo auf die neunseitige Erklärung des 1. FC Union ließ nicht lange auf sich warten. »Uns erreichen viele Zuschriften von Fußballfans aus ganz Deutschland, die sich für diese klare Positionierung bedanken und sich von ihren Vereinen ähnliches wünschen«, sagte Klubsprecher Christian Arbeit dazu gestern gegenüber »nd«. Die Kritik der Berliner bezieht sich im Kern auf »ein Mehr an Sanktionen anstelle von Präventionen« und der weiterhin nur propagierte und nicht praktizierte Dialog mit den Fans. Erste Unterstützung erhielt der 1. FC Union Berlin gestern aus Stuttgart. VfB-Präsident Gerd Mäuser bezeichnete den Maßnahmenkatalog der DFL als nicht diskussionfähig, da er ohne die Fanbeauftragten erarbeitet wurde.
Die DFL hat mit ihrem Konzeptpapier in der Tat eine mächtige Drohkulisse aufgebaut und setzt die Vereine erheblich unter Druck. Sanktionen wie die Streichung von Fernsehgeldern und Lizenzstrafen sind harter Tobak, ebenso wie viele Vorschläge nach härteren Strafen. Michael Gabriel, Leiter der Koordinierungsstelle Fanprojekte (KOS), weist zumindest auf einen Fortschritt hin: »Das Konzept soll diskutiert werden.« Das war in der Vergangenheit wie beispielsweise beim Sicherheitsgipfel im Juli in Berlin noch anders. Allerdings bemängelt auch er die Ignoranz des Verbandes gegenüber der Fanperspektive.
Mehr will Gabriel allerdings nicht sagen, denn auch die KOS wurde von der DFL um eine Stellungnahme gebeten. Und ehe diese nicht dort angekommen ist, will er nicht mehr preisgeben. So sehen es auch die meisten der anderen Vereine. Bis zum kommenden Montag haben sie noch Zeit, Meinungen, Ideen und Kritik an die DFL zu schicken.
Genau diesen Ablauf hat sich die DFL gewünscht. Sind alle Stellungnahmen vorhanden, werden dann in der vom Ligaverband im August gegründeten »Kommission Sicherheit« Ergebnisse erarbeitet, die auf der Mitgliederversammlung im Dezember vorgestellt und vielleicht auch verabschiedet werden. Leider ist auch in dem neuen Gremium kein einziger Fanvertreter zu finden.
Konkret äußern wollte sich auf Nachfrage niemand bei der DFL, der Diskussionsprozess solle weiterhin intern ablaufen. So klang Mediensprecher Dirk Meyer-Bosse, auf das Positionspapier des 1. FC Union angesprochen, nur etwas vergrätzt. Man solle aufpassen, vor welchen Wagen man sich spannen lasse. Für die Berliner war der Gang an die Öffentlichkeit alternativlos: »Die DFL hat das Konzeptpapier auf einer Pressekonferenz öffentlich vorgestellt. Die Veröffentlichung der Stellungnahmen der Vereine sollte selbstverständlich sein«, sagte Christian Arbeit.
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