Frankreichs Sozialisten schwören sich aufs Durchhalten ein

Parteitag soll der Basis neuen Elan verleihen / Appell an deutsche Wähler

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Knapp sechs Monate nach dem Sieg der Sozialisten bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen sollte ihr Parteitag am Wochenende in Toulouse den Mitgliedern und Anhängern neuen Schwung gegen den Widerstand von Rechts bringen.

Es galt vor allem dem Eindruck entgegenzuwirken, dass sich unter ihnen bereits Enttäuschung und Resignation angesichts der großen Probleme breitgemacht haben, auf die die Linksregierung tagtäglich trifft. Deshalb wurden die Trümpfe hervorgehoben, über die die Parti Socialiste (PS) verfügt: Sie hat erstmals in der Geschichte die Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments, sie regiert mit Ausnahme des Elsass alle Regionen des Landes und sie stellt die Bürgermeister von Marseille, Lyon, Lille und den meisten anderen Großstädten des Landes.

Im Gegensatz zum Parteitag 2008 in Reims gab es diesmal keine offenen ausgetragenen Rivalitäten zwischen unterschiedlichen Strömungen in der Partei und ihren Repräsentanten in der Führung. Die Nachfolge der scheidenden Parteivorsitzenden Martine Aubry war schon drei Wochen vor dem Parteitag per Basisabstimmung geregelt worden. Dabei hatte sich der von allen großen Strömungen unterstützte Harlem Désir gegen einen Mitbewerber vom linken Flügel durchgesetzt.

Désir hielt auf dem Parteitag seine erste große Rede, die aber zurückhaltender aufgenommen wurde als die Ansprache von Martine Aubry, die lang anhaltenden Beifall bekam. Wie auch alle Minister der Linksregierung, die einander in Toulouse am Rednerpult ablösten, verwies Aubry auf die zahlreichen konkreten Beschlüsse der neuen Regierung, mit denen das Wahlprogramm der PS und die Wahlversprechen von Präsident Hollande Schritt für Schritt umgesetzt werden. Dass es dabei Probleme, Hindernisse und Rückschläge gibt, könne nicht ausbleiben, angesichts der anhaltenden Krise und der hemmungslosen Hetze und Obstruktion der rechten Opposition in den Medien und im Parlament.

Premierminister Jean-Marc Ayrault, auf den sich die Rechte besonders eingeschossen hat und den sie des »Dilettantismus« bezichtigt, erhielt auf dem Parteitag nach seiner Ansprache demonstrativ herzlichen Beifall. Ayrault verwahrte sich gegen Belehrungen von einer Rechten, »die enorme Schuldenlasten, Massenarbeitslosigkeit, ein ungerechtes Steuersystem, einen mehr und mehr demontierten öffentlichen Dienst und ein Rekorddefizit im Außenhandel hinterlassen hat«.

Der Europa-Staatssekretär in der Linksregierung, Jean-Christophe Cambadelis erklärte mit Blick auf die Bundestagswahl 2013: »Die Zeit für Angela Merkel ist abgelaufen, sie muss gehen. Wir haben in Frankreich Sarkozy besiegt, nun muss dasselbe auch in Deutschland erfolgen.« Die Völker Europas wollten »kein deutsches Europa, sondern ein europäisches Deutschland«.

In der Diskussion auf dem Parteitag gab es allerdings auch Kritik an der Linksregierung, etwa wegen ihres Zögerns, das versprochene Wahlrecht für Ausländer bei Kommunalwahlen gegen starken Widerstand der Rechten und von Teilen der Öffentlichkeit durchzusetzen. Es wurde ein engagierterer Kampf gegen Entlassungen und die Schließung von Firmen oder ihre Verlegung ins Billiglohnausland gefordert.

Der Parteivorsitzende der Kommunistischen Partei, Pierre Laurent, hatte in einem Grußschreiben, das dem neuen Vorsitzenden der PS auf dem Parteitag übergeben wurde, an den Beitrag der knapp vier Millionen Wähler der Linksfront aus Kommunisten und Partei der Linken erinnert, die zum Sieg der Linken beigetragen hatten und die es nicht zu enttäuschen gelte. »Es geht um einen neuen Aufschwung für unser Land und eine grundlegende Neuausrichtung der EU, um den Kampf gegen den Finanzkapitalismus und soziale Gerechtigkeit«, heißt es in dem Schreiben. »Neoliberale Spar- und Maßhaltepolitik und das Eingehen auf die Forderungen der Unternehmer führen in die falsche Richtung«.

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