»Bisher haben wir nur geübt«
Atomgegner kündigen Aufruhr gegen Brennelemente-Fuhren an
November ist Castorzeit, so hieß es bisher im Wendland, wenn die Behälter mit ihrem hoch radioaktiven Inhalt nach Gorleben rollten. Dies geschieht 2012 nicht, und so will die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg »dieses Jahr den MOX zum Castor machen«. Unter diesem Motto haben die Atomkraftgegner zur Demonstration aufgerufen, mit der am Samstag bei Grohnde der Protest gegen einen Transport von Mischoxid-Brennelementen eingeläutet wird. Heftigen Widerstand hatte es bereits gegeben, als am 23. September acht MOX-Elemente aus dem Atomkomplex Sellafield per Schiff in den Weserhafen Nordenham gelangten. Von dort brachten Lastwagen die Fracht ins Weserbergland, nach Grohnde. Der gleiche Weg ist für den Transport im November vorgesehen.
»Es ist zu befürchten, dass Nordenham eine neue Drehscheibe für Atomtransporte wird - also auch für Castortransporte nach Gorleben«, warnt die Wendland-Initiative. Sie zeigt sich solidarisch mit den Protestierern vor Ort, mit der Regionalkonferenz »Grohnde abschalten«, die vor den MOX-Elementen warnt. Ein damit bestücktes Atomkraftwerk lasse sich schwerer regeln als eines, das allein mit Uran-Elementen betrieben wird. Die Kettenreaktion könne bei MOX-Einsatz leichter außer Kontrolle geraten, die Strahlenbelastung steige. Besonders bedrohlich: Die Elemente enthalten Plutonium, das schon in winzigsten Mengen Krebs erzeugt. Die neue Lieferung nach Grohnde umfasst insgesamt 132 Kilogramm dieses Giftes.
Auch Kommunalparlamente protestieren gegen die Atomfracht. So haben der Landkreis Wesermarsch und die Stadt Nordenham die schwarz-gelbe Landesregierung aufgefordert, sie möge verhindern, dass der Weserhafen als Umschlagplatz für radioaktive Stoffe genutzt wird. Zugleich werfen beide Kommunen der Regierung vor, sie habe es versäumt, für die Transporte einen Sonder-Katastrophenplan zu entwickeln.
Die Mehrheit des Kreistages Hameln-Pyrmont, in dessen Bereich Grohnde liegt, verabschiedete vor wenigen Tagen gegen die Stimmen von CDU und FDP eine Erklärung zu den Risiken der MOX-Fuhren: Bei einem schweren Unfall könnten Teile der Ladung freigesetzt werden. Aber auch im Normalbetrieb gäben die Transportbehälter eine Strahlung ab, von der niemand genau wisse, inwieweit sie »für Säuglinge, Kleinkinder sowie für das ungeborene Leben gefährlich ist«. Bemängelt wird auch die Geheimniskrämerei um den Transporttermin. Werde der erneut verschwiegen, sei es unmöglich, rechtzeitig Katastrophenschutzkräfte bereit zu stellen.
Der Zeitpunkt des September-Transports war gegen den Willen der Landesregierung an die Öffentlichkeit gelangt. Innenminister Uwe Schünemann (CDU) witterte sogleich Verrat durch den Landrat des Kreises Wesermarsch, Michael Höbrink (SPD). Gegen ihn ermittelt deshalb die Staatsanwaltschaft. Doch der Landrat weist die Vorwürfe zurück, die SPD vermutet eine Kampagne, angezettelt von der CDU. Trotz Unklarheit über den neuen Termin - eines bekräftigen die Atomkraftgegner schon jetzt: Der Protest wird größere Dimensionen annehmen als beim ersten Transport. »Im September haben wir geübt, im November gibt es den heißen Herbst!«
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