Im Rückblick bin ich stolz

Das erste Eisbärenspiel nach seinem Rücktritt hat der Urberliner Sven Felski vorm Radio verbracht

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20 Jahre Profi-Eishockey, 1000 Spiele für Berliner Eisbären. 224 DEL-Tore, mehrmalige Berufung ins All-Star-Game der DEL, ausgezeichnet mit dem Verdienstorden der Stadt Berlin. Dazu 159 Länderspiele mit 21 Toren. Nun ist Schluss mit der Puckjagd. Torjäger Sven Felski beendet nach 34 Jahren auf dem Eis seine Laufbahn. »nd« sprach mit dem Urberliner.

nd: Die Eisbären haben am Mittwochabend in Hannover gespielt. Was haben Sie um diese Zeit gemacht?
Felski: Es war schon komisch, als ich zu Hause im Berliner Rundfunk die Reportagen von Daniel Goldstein verfolgte. Aufatmen bei mir, als Laurin Braun das Siegtor erzielte. Wir dürfen uns keine Auswärtsschwäche leisten, wenn wir oben dran bleiben wollen. Ich bin natürlich weiter heiß dabei und drücke der Mannschaft die Daumen. Natürlich telefonierte ich nach dem Spiel sofort mit den Jungs und verschickte SMS.

Das Trikot mit der Nummer 11 fehlte also jetzt, was wird damit?
Manager Peter John Lee hat mir und den Journalisten gesagt, dass es nicht mehr vergeben wird. Welchen Platz es erhält, wird der Verein demnächst bekanntgeben.

Die Eisbären wollen mit Ihnen ein Abschiedsspiel im alten Wellblechpalast veranstalten, warum nicht in der Arena am Ostbahnhof?
Das geschieht auch auf meinen Wunsch. Ich will mit diesem Spiel zurück zu den Wurzeln. Im Welli war ich 34 Jahre fast jeden Tag auf dem Eis. Vom vierten bis zum elften Lebensjahr als Eiskunstläufer und danach als Eishockeyspieler. Außerdem ist der Welli weiterhin unsere Trainingsstätte. Nicht nur ich freue mich auf diesen Hauch Nostalgie, ich glaube, auch unsere Fans sehen das so. Schließlich sind die Fans wie ich im Sportforum aufgewachsen.

Sie werden Bürgermeister genannt, weil Sie aus Berlin-Hohenschönhausen stammen. Haben Sie nicht wirklich Lust, in die Politik zu gehen?
In der Lokalpolitik in Hohenschönhausen würde ich als parteiloser Volksvertreter schon mitmachen. Ich wüsste aber gar nicht, wie ich das anstellen sollte, um auf eine Kandidatenliste zu kommen.

Ihr verstorbener Vater war Fußballer bei Tiefbau Berlin und beim BFC Dynamo. Warum sind Sie kein Fußballer geworden?
Weil sich meine Mutter durchgesetzt hat und mich in einen Kindergarten mit Eiskunstlauf gebracht hat.

Der Ex-Nationaltrainer Hans Zach und DEL-Sportdirektor Franz Reindl würden Sie gern als Trainer sehen. Der deutsche Eishockeynachwuchs ist bestenfalls mittelmäßig. Wäre Nachwuchstrainer nicht eine Aufgabe für Sie?
Den Trainer-B-Schein habe ich schon. Ich bin auch nicht abgeneigt, ein Sportstudium aufzunehmen und als Trainer zu arbeiten. Aber ich muss mich erst einmal sortieren. Wenn die Verträge stehen, beginne ich ein Praktikum beim EHC. Dazu gehört Büroarbeit ebenso wie Marketing, Sponsorenpflege, Ticketverkauf und Assistenztrainer beim Nachwuchs und den Profis. Nach dem Praktikum sehen wir weiter.

Sie haben sich einer Initiative »Gegen Gewalt« angeschlossen. Was wollen Sie bewirken?
In erster Linie will ich junge Menschen zum Sport locken. Der Sport ist ein wunderbare Möglichkeit, um Aggressionen abzubauen. Ich will mithelfen, zu bewirken, dass Probleme auch ohne Gewalt gelöst werden können.

Bedrückt Sie da Ihr Rekord von 1812 Strafminuten nicht?
Nein. Das ist Eishockey und spielt sich innerhalb der Banden ab. Ich bin immer mit voller Power in die Spiele gegangen, war ein Heißsporn. Im Laufe der Jahre hat sich das aber gelegt.

Welche Tore waren in Ihrer Karriere besonders wichtig?
Die beiden Tore bei Olympia 2006. Das 3:2-Siegtor gegen Köln in der Verlängerung im Meisterschaftsfinale 2008. Dann das 1:0 gegen Krefeld in einem Spiel, das wir mit 1:0 gewonnen haben.

Warum haben Sie Hohenschönhausen und den SC Dynamo/ Eisbären trotz zahlreicher Angebote nie verlassen?
Ich weiß es nicht genau. Vielleicht war es Bodenständigkeit, Heimatliebe, Liebe, die Sportschule und die Freundschaften. Im Rückblick bin ich stolz. Ich habe die unsicheren Zeiten in der DDR mitgemacht, wo immer die Gefahr bestand, dass Eishockey eingestellt wird. Nach der Wende sind wir zehn Jahre durch ein Tal der Tränen gewandert. Der Pleitegeier schwebte ständig über unserem Verein. Manchmal hat meine Frau unsere Familie monatelang allein ernährt, weil wir keinen Pfennig Gehalt gesehen haben. 1999 kam der Amerikaner Philip Anschutz und hat uns gekauft. Damit begann für mich eine Traumzeit: Sportlich mit sechs Meistertiteln und zwei Olympiateilnahmen, wirtschaftlich mit pünktlichen Gehaltszahlungen. Trotzdem war es nicht schlecht für mich und meine Charakterbildung, dass ich nicht nur die Sonnenseite unseres schönen Sports erlebt habe.

Ihre Autobiografie heißt »Tore, Spiel, Meister, Titel«. Und nicht nur im Eishockey haben Sie sich als Autor betätigt. In einem Gartenbuch schreiben Sie über Rosenzucht. Wie steht es um Ihre Rosen?
Wir hatten etwas Pech. Unsere Rosen hatten den Rost und sahen ziemlich mickrig aus. Im nächsten Frühjahr legen wir wieder los.

Sie werden am 18. November 38 Jahre alt. Wo werden Sie feiern?
Wahrscheinlich in der Harbig-Halle am Horst-Korber-Zentrum beim Olympiagelände. Unsere Tochter Laura hat dort einen Leichtathletik-Mehrkampf. Da gehen meine Frau Manuela und jetzt auch ich immer mit. Laura ist zwölf und geht in die Werner-Seelenbinder-Sportschule - wie ich einst. Neben Eishockey werde ich nun auch zum Leichtathletikfan. Lauras Spezialstrecke sind die 800 m.

Gespräch: Manfred Hönel

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