Griechische Abgeordnete unter Druck

Großdemonstrationen in Athen und Thessaloniki zum Auftakt des zweitägigen Generalstreiks

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 3 Min.
Zehntausende protestierten gestern in Griechenland gegen ein weiteres Kürzungspaket, das das Parlament aller Voraussicht nach heute Abend verabschieden wird.

Mit dem fünften Generalstreik des Jahres wehren sich die Menschen in Griechenland seit gestern gegen die jüngsten Vereinbarungen zwischen der griechischen Regierung und der Gläubigertroika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank. Im Gegenzug für die Auszahlung der seit August ausstehenden Kreditrate in Höhe von 31,5 Milliarden ist das Parlament aufgefordert, neue harte Einschnitte bei Löhnen und Renten, eine drastische Reduzierung von Kündigungsfristen und Abfindungen in der privaten Wirtschaft sowie die Streichung fast aller Steuerbefreiungen zu verabschieden.

Mit dem Generalstreik werden der staatliche Dienstleistungssektor und wichtige Teile der privaten Wirtschaft für 48 Stunden lahmgelegt. Bildungseinrichtungen, Banken und Behörden blieben geschlossen, Busse, Züge und Schiffe standen still. Wegen der Teilnahme der Fluglotsen am Streik blieb gestern auch der Luftraum über Griechenland für drei Stunden geschlossen.

Bereits in den vergangenen Tagen hatten einzelne Branchen, darunter die Journalisten, die Arbeit niedergelegt. Wenn an diesem Mittwochabend in namentlicher Abstimmung über das Sparpaket für die Jahre bis 2016 im Umfang von 13,5 Milliarden Euro abgestimmt wird, werden die Proteste auf dem Athener Syntagma-Platz vor dem Parlament gipfeln.

In Athen sind am Dienstag rund 40 000 Menschen gegen die Sparpolitik auf die Straßen gegangen. Weitere 20 000 protestierten in der Hafenstadt Thessaloniki, wie die Polizei mitteilte. Weil sich die Angestellten des Personennahverkehrs am Streik beteiligten, blieb die Teilnehmerzahl in der Hauptstadt deutlich hinter denen vergangener Generalstreiks zurück.

Teilweise hatten Gewerkschaften Busse für ihre Mitglieder angemietet, viele andere scheuten keine Strapazen, um ihrem Ärger über die für viele mittlerweile existenzbedrohenden Kürzungspläne Luft zu machen. Er sei die mehr als acht Kilometer von seiner Wohnung im Nordwesten Athens bis ins Zentrum gelaufen, sagte ein junger Gewerkschafter. Wie die meisten seiner Kollegen wird er auch heute da sein, allerdings ohne langen Fußmarsch, denn die öffentlichen Verkehrsmittel sollen wieder in Betrieb sein.

Im Block der Gewerkschaft der teilprivatisierten Stromgesellschaft DEI lugten einzelne Nationalfahnen südeuropäischer Staaten hervor. »Die tragen wir aus Solidarität mit den ebenfalls von Krise und Maßnahmen betroffenen Ländern«, erklärte der 58-jährige Minenarbeiter Christos. Er will nach 27 Berufsjahren 2013 in Rente gehen. Nach derzeitigem Stand bekäme er 1600 Euro brutto im Monat, mit Wirken des Sparpakets wären es zehn Prozent weniger.

»Ob wir die Verabschiedung der Maßnahmen verhindern können, hängt auch vom Druck ab, den wir heute und morgen aufbauen«, sagte Alexandros vom »Zusammenschluss unabhängiger Basisgewerkschaften«. Denn obwohl die Regierungskoalition über 179 der 300 Abgeordneten verfügt, könnte es knapp werden. Die DIMAR hat bereits angekündigt, sich mit ihren 16 Abgeordneten bei der Abstimmung zu enthalten. Zudem werden aus den Reihen der beiden großen Regierungsparteien PASOK und Nea Dimokratia Abweichler erwartet.

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